oxfamBerlin. - Aktionär*innen von Großunternehmen profitieren von der Corona-Pandemie. Das zeigt der aktuelle Bericht "Power, Profits and the Pandemic" der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam am Beispiel ausgewählter Unternehmen. So schütten die profitabelsten Konzerne in Europa, der USA und anderen Teilen der Welt trotz der Krise und staatlicher Unterstützung weiterhin Geld an Aktionär*innen aus, statt in menschenwürdige Arbeitsplätze und den klimakompatiblen Umbau ihrer Geschäftstätigkeit zu investieren.

Auch deutsche Unternehmen wie beispielsweise BMW, Bayer und BASF planten entsprechende Ausschüttungen oder hätten diese bereits getätigt, während sie gleichzeitig von milliardenschweren staatlichen Hilfszahlungen profitierten, kritisierte Oxfam. Die Hilfsorganisation fordert von der Bundesregierung, ihre EU-Präsidentschaft für einen wirtschaftlichen Systemwechsel zu nutzen: "Die EU muss Unternehmen gesetzlich auf das Gemeinwohl verpflichten, um zu verhindern, dass diese weiterhin nur den Interessen der Kapitaleigner dienen."

Zwischen 2010 und 2019 haben sich Aktionär*innen der im S&P 500 Index gelisteten Unternehmen laut Oxfam gut neun Billionen US-Dollar ausschütten lassen – das entspreche über 90 Prozent ihrer Gewinne in diesem Zeitraum. Bei einigen Unternehmen lag das Verhältnis von Ausschüttung zum Gewinn über 100 Prozent: Die Unternehmen mussten sich für die Auszahlung verschulden oder Rücklagen nutzten. Diese Praxis setzt sich in der Corona-Krise fort. Oxfams Bericht zeigt, dass die 25 profitabelsten globalen Unternehmen des S&P Global 100 Index den Aktionär*innen im Jahr 2020 voraussichtlich mehr als 378 Milliarden Dollar zahlen werden. Das entspricht 124 Prozent ihrer Gewinne des laufenden Jahres.

Zwischen 2016 und 2019 haben die profitabelsten Firmen in den USA, Europa, Südkorea, Australien, Indien, Brasilien, Nigeria und Südafrika zwei Billionen US-Dollar an Aktionär*innen gezahlt, so Oxfam - durchschnittlich 83 Prozent ihrer Gewinne. Durch Dividenden und Aktienrückkäufe zahlten die drei größten Unternehmen im Gesundheitssektor in Südafrika 163 Prozent der Gewinne an Anteilseigner aus.

"Die Konzernmanager fühlen sich zuallererst ihren Aktionären verpflichtet, und diese fordern oft Ausschüttungen ein. Doch Unternehmen haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und der müssen sie nachkommen. Sie müssen in den notwendigen sozial-ökologischen Wandel ihrer Geschäftsmodelle investieren und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für ihre Angestellten und innerhalb ihrer Lieferketten schaffen, bevor Geld in die Taschen der Eigentümer fließt", forderte Barbara Sennholz-Weinhardt, Referentin für Wirtschaft und Globalisierung bei Oxfam.

US-Unternehmen wie Apple, Microsoft, Walmart und der Google-Mutterkonzern Alphabet liegen in absoluten Zahlen vorn, wenn es um Ausschüttungen und Rückkäufe geht. Dafür zeichnen sich deutsche Unternehmen "durch Dreistigkeit und Maßlosigkeit" aus, so Oxfam:

"Aktionär*innen von BMW, darunter einige der reisten Menschen Deutschlands, haben sich in diesem Jahr über 1,6 Milliarden Euro an Dividenden auszahlen lassen. Gleichzeitig nimmt das Unternehmen von der Allgemeinheit finanzierte Hilfen für Kurzarbeit in Anspruch und forderte staatlich finanzierte Kaufprämien. In den vergangenen Jahrzehnten hat BMW seine Profite lieber an Aktionäre ausgeschüttet, als ausreichend in menschengerechte Arbeitsbedingungen in seinen Rohstoff-Lieferketten oder in ein klimakompatibles Geschäftsmodell zu investieren.
Aktionär*innen von BASF haben sich innerhalb der vergangenen sechs Monate satte 400 Prozent der Unternehmensgewinne ausschütten lassen, insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Gleichzeitig hat der Konzern etwa 1,1 Milliarden Euro aus einem Nothilfefonds der britischen Regierung erhalten. In den vergangenen Jahrzehnten hat BASF exzessiv Profite ausgeschüttet, statt das eigene Geschäftsmodell ökologisch umzustellen, wie beispielsweise der hohe Anteil toxischer Pestizide, die als hochgefährlich für Menschen, Tiere und Ökosysteme eingestuft werden, an ihrer Gesamtproduktion zeigt.
Die Aktionär*innen von Bayer haben entschieden, rund drei Milliarden Euro an Dividenden auszuzahlen. Gleichzeitig hat der Konzern etwa 670 Millionen Euro aus einem Nothilfefonds der britischen Regierung erhalten. In den vergangenen Jahrzehnten hat Bayer ebenso wie BASF exzessiv Profite ausgeschüttet, statt das eigene Geschäftsmodell ökologisch umzustellen."

Oxfam fordert einen grundsätzlichen Kurswechsel der Wirtschaftspolitik, um zu verhindern, dass die Corona-Pandemie die Gesellschaft noch ungleicher und ungerechter macht. Die Bundesregierung müsse im Rahmen ihrer EU-Präsidentschaft einen Beitrag dazu leisten, indem sie vorhandene Initiativen energisch vorantreibt. Dazu gehöre, dass Gewinne gerecht verteilt werden. Die EU solle eine Obergrenze für die Ausschüttung von Unternehmensgewinnen an Aktionäre einführen. Das Verhältnis bei Vergütungen von Konzernmanagern und Beschäftigen solle maximal 20:1 betragen. Die EU sollte die Vorstände und Aufsichtsräte von Unternehmen zudem gesetzlich verpflichten, bei strategischen Entscheidungen die Interessen aller Betroffenen – inklusive Arbeitnehmer*innen, Lieferanten und Kund*innen – zu berücksichtigen, anstatt einseitig die Interessen der Kapitaleigner zu bedienen.

Quelle: www.oxfam.de 


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