Berlin. - Gesperrte soziale Medien, Festnahmen, Drohungen und Gewalt gegen Medienschaffende: Nach dem Militärputsch Anfang Februar wurde die Pressefreiheit in Myanmar in wenigen Tagen um zehn Jahre zurückgeworfen. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat mit Medienschaffenden vor Ort über die schwierigen Arbeitsbedingungen gesprochen und fordert die Armee auf, eine freie Berichterstattung über die Proteste zuzulassen.
"Myanmar ist wieder dort, wo es vor zehn Jahren war, bevor die Auflösung der Junta im Februar 2011 die Entstehung einer freieren Medienlandschaft ermöglichte. Das Militär muss verstehen, dass eine Rückkehr zu Zensur und Unterdrückung nicht in Frage kommt", sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die Kommandeure der Armee müssen es Journalistinnen und Journalisten ermöglichen, frei über die Demonstrationen im Land zu berichten."
Die Militärjunta war ein halbes Jahrhundert lang an der Macht und wurde vor genau zehn Jahren, im Februar 2011, aufgelöst. Die während der Militärdiktatur streng zensierten Medien erhielten daraufhin mehr Freiheiten. So schuf die Regierung die Vorzensur für Zeitungen ab und entließ neben mehreren hundert politischen Häftlingen auch 17 Journalisten. Unabhängige Medien wie Democratic Voice of Burma (DVB), die jahrzehntelang nur aus dem Exil berichten konnten, kehrten ins Land zurück.
Mitarbeitende von Reporter ohne Grenzen durften 2012 zum ersten Mal seit 25 Jahren wieder nach Myanmar reisen. Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Lage für Medienschaffende wieder verschlechtert. Die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat vor allem seit Beginn der Rohingya-Krise einen Großteil ihrer internationalen Glaubwürdigkeit in Fragen der Pressefreiheit verspielt.
So prekär wie in den vergangenen zwei Wochen war die Lage jedoch seit der Militärdiktatur nicht mehr: Anders als für Journalistinnen und Journalisten im Ausland ist die Berichterstattung über die derzeitige Lage in Myanmar für Medien vor Ort schwierig und mit einer großen Unsicherheit verbunden. "Medien, die im Land ansässig sind, wie die Standard Times oder die Medien der Eleven-Media-Gruppe, können nicht frei über die Situation berichten", sagte ein Journalist in Yangon, der anonym bleiben möchte, zu RSF. "Sie können das Risiko nicht eingehen. Sie sind in einer Zwickmühle: Wenn sie zu weit gehen, um die Wahrheit zu berichten, landen sie definitiv im Gefängnis."
Am Tag nach dem Putsch erfuhren Reporterinnen und Reporter von einer vertraulichen Quelle aus dem Umfeld des Militärs, dass eine "schwarze Liste" von Medienschaffenden, die festgenommen werden sollen, im Umlauf sei. Die New York Times berichtete, dass einige myanmarische Journalistinnen und Journalisten untergetaucht seien, weil sie befürchten, dass ihre Berichterstattung ihre Sicherheit gefährden könnte.
"Jeden Abend hören wir verschiedene Gerüchte über die Festnahme von Journalistinnen und Journalisten", sagte eine weitere Journalistin aus Yangon zu RSF. "Jeden Morgen, wenn ich in die Nachrichten schaue, habe ich Angst zu erfahren, dass jemand, der mir nahe steht, über Nacht festgenommen wurde."
Die neue Militärjunta möchte laut eigenen Angaben eine "disziplinierte Demokratie" schaffen, hat die Medien aber noch nicht informiert, wie sie mit ihnen umgehen will. "Wir arbeiten mit einer großen Unsicherheit", sagte die Journalistin. "Wir haben keine Ahnung, ob wir offen über Ereignisse berichten dürfen oder nicht."
Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de