Asmara Ausstellung CoverBerlin (epo). - Vor 15 Jahren befreite sich Eritrea nach rund 100 Jahren von der Fremdherrschaft. Anlass zum Feiern besteht kaum, denn die Bevölkerung leidet unter dem Konflikt mit Äthiopien und periodischen Dürren. Mehrere tausend politische Gefangene werden laut amnesty international ohne Anklage festgehalten, oppositionelle Bestrebungen unterdrückt. Zwei Drittel der rund 4,5 Millionen Einwohner sind auf internationale Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Ein Hoffnungsschimmer ist für manche Eritreer die Aussicht auf mehr Tourismus. Denn neben seiner landschaftlichen Schönheit besitzt das Bergland am Horn von Afrika in der Hauptstadt Asmara eines der größten architektonischen Ensembles der Klassischen Moderne, wie eine Ausstellung im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) Berlin demnächst zeigen wird.

 

Der 24. Mai ist der eritreische Nationalfeiertag. Aus diesem Anlass informierte eine prominent besetzte Projektgruppe im Auswärtigen Amt in Berlin über die geplante Ausstellung, die vom 4. Oktober bis 3. Dezember 2006 im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) in Berlin erstmals zu sehen sein wird. In Asmara gibt es rund 500 Bauten des Art Deco, des Novecento und der Klassischen Moderne, entstanden unter italienischer Kolonialherrschaft.

Für Uschi Eid, grüne Bundestagsabgeordnete und frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, ist die 2400 Meter hoch gelegene eritreische Hauptstadt "die schönste Stadt auf dem afrikanischen Kontinent". Aber selbst Fachleuten ist der "Asmara Style" der Klassischen Moderne kaum bekannt, wie Prof. Dr. Omar Akbar einräumte. Der Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau und Kurator der Ausstellung hatte selbst erst vor einigen Monaten von der Architektur Asmaras erfahren und empfindet die Stadt als "eine Art Gesamtkunstwerk".

Orthodoxe Kirche
Orthodoxe Kirche

Akbar unterstützt deshalb auch das Vorhaben der Projektgruppe um Mekonnen Mesghena und Christoph Melchers, Eritrea bei seinen Bemühungen um die Aufnahme Asmaras in das UNESCO Kulturerbe der Menschheit zu unterstützen. In den 1880er Jahren noch ein kleines Dorf, wurde Asmara 1900 von den italienischen Kolonisatoren zur Hauptstadt der Kolonie Eritrea gemacht. Nachdem 1922 Mussolini in Italien an die Macht gekommen war, entstand nach den Worten von Dr. Naigzy Gebremedhin, dem pensionierten Direktor des Zentrums zur Bewahrung des Kulturerbes von Eritrea, die Planung einer Stadt für die italienischen Herren, die auch architektonisch das Zweite Römische Reich repräsentieren sollte.

Es war Eklektizismus, der die Planer trieb und teilweise futuristisch anmutenden Gebäude wie das Büro der Faschistischen Partei, den Palazzo Lazzarini, Tankstellen wie Fiat Taggliero, die Bar Zilli oder das Odeon Kino entstehen liess. In den 30er Jahren, so Gebremedhin, fuhren in Asmara 55.000 Autos, mehr als in Rom, und sogar ein mehrgeschossiges Parkhaus wurde errichtet. Vor Ort nicht vorhandene Baumaterialen wurden über eine 75 Kilometer lange Seilbahn von der Hafenstadt Massawa am Roten Meer ins 2400 Meter hohe Asmara transportiert.

FIAT Tagliero Tankstelle
FIAT Tagliero Tankstelle

Hafen-Infrastruktur und Seilbahn wurden von der britischen Besatzungsmacht, die die italienischen Kolonisten ablöste, zerstört, ebenso wie faschistische Ornamente und Symbole an den Gebäuden. "Nur die Kirchen und die Polizisten durften bleiben", erzählt Gebremedhin. Nach der Unabhängigkeit 1991 wurden architektonisch "Fehler gemacht", räumt er ein, aber als die Entscheidung gefallen war, das koloniale kulturelle Erbe zu erhalten, wurde im Stadtzentrum mit 500 bis 600 klassizistischen Gebäuden ein Moratorium für die Bebauung verhängt. Die Regierung des kleinen Landes beantragte bei der Weltbank einen Kredit, um das historische Ensemble erhalten zu können.

"Ein Ignorieren der kolonialen Vergangenheit ist nicht möglich", konstatiert Naigzy Gebremedhin. Noch wichtiger: "Hunderttausende Eritreer haben an den Gebäuden gearbeitet." Die ambitionierte Ausstellung wird im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik vom Auswärtigen Amt, von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Eigenmitteln unterstützt. Gebremedhin setzt auch auf das touristische Potenzial Asmaras, das für Eritrea ein wichtiger Entwicklungsfaktor werden könnte. Neben der einzigartigen Architektur locken die Küste am Roten Meer und Sportmöglichkeiten wie Skydiving.

Shell Tankstelle
Shell Tankstelle

Die Ausstellung, die vom 4. Oktober bis 3. Dezember 2006 im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) in Berlin zu sehen ist, beruht auf dem Buch "Asmara - Africa's Secret Modernist City", das im Verlag Merrell (London/New York) erschienen ist. Sie zeigt Fotos, Zeichnungen, Pläne und Modelle ausgewählter Gebäude. Nur Miami South Beach, Tel Aviv und Napier (Neuseeland) können eine ähnliche, wenngleich vom Umfang her kleinere Architektur des Art Deco, Novecento und der Klassischen Moderne vorweisen.

Das Design der Ausstellung hat die Stiftung Bauhaus Dessau unter der Projektleitung von Rainer Weisbach übernommen. Die Modelle der Gebäude werden von Prof. Wolfgang Kroll, Universität Stuttgart, gebaut. Neben Berlin sind Frankfurt und Stuttgart als Ausstellungsorte vorgesehen, wo die meisten der rund 25.000 Exil-Eritreer in Deutschland leben. Der Weltdachverband der Architektenverbände will die Ausstellung auf seinem nächsten Kongress im Jahr 2008 in Turin zeigen. Ihren endgültigen Platz soll die Wanderausstellung später in Asmara finden.

Villa, heute Weltbank Geb?ude
Villa, heute Weltbank-Gebäude

Neben Sponsoren finanzieren Einzelspender die durch ehrenamtliche Eigenleistungen bereits auf 50.000 Euro reduzierten Kosten der Ausstellung. Spendenkonto: Verein zur Förderung von Bildung und Publizistik zu Umwelt und Entwicklung e.V., Konto Nr. 104001265 bei der Ev. Kreditgenossenschaft (BLZ 520 604 00),

Asmara (Wikipedia)
Eritrea (Wikipedia)
Klassische Moderne (Wikipedia)
DAZ


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