Berlin. - Grundwasser ist die Quelle von etwa der Hälfte des weltweit durch Privathaushalte genutzten Wassers. Die Bewässerung in der Landwirtschaft hängt zu etwa einem Viertel vom Grundwasser ab. Trotz dieser enormen Bedeutung wird Grundwasser vielerorts kaum verstanden und schlecht verwaltet. Dies hat sehr unterschiedliche Folgen: In manchen Erdteilen dramatische Übernutzung und Verschmutzung, in anderen Regionen wie Afrika eine viel zu geringe Nutzung. Zu diesem Schluss kommt der Weltwasserbericht 2022, den die UNESCO im Auftrag der Vereinten Nationen erstellt hat.
Die Studie fordert höhere Investitionen und bessere Regulierung durch Regierungen zum Schutz des Grundwassers. "Der Weltwasserbericht zeigt verheerende Wissens- und Regulierungslücken beim Grundwasser. In vielen Weltregionen wird Grundwasser ohne Rücksicht auf die Folgen übermäßig aus der Erde gepumpt. Teils erneuern sich die Vorräte nicht, teils sinkt dadurch der Boden ab. In anderen Gegenden könnte man dagegen mehr Grundwasser nutzen und damit die Ernährungssicherheit erhöhen. In Deutschland wiederum werden die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser an jeder sechsten Messstelle überschritten, weshalb der Europäische Gerichtshof Deutschland 2018 verurteilt hat. Gerade die Landwirtschaft als wichtigster Verursacher der Nitratkonzentrationen hierzulande muss endlich eine echte Transformation durchlaufen", erklärte Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission.
Die Situation unterscheide sich laut Weltwasserbericht von Erdteil zu Erdteil drastisch. Asien sei der Kontinent mit der intensivsten Grundwassernutzung. Die vor allem durch die Landwirtschaft entnommene Menge sei doppelt so hoch wie auf allen anderen Kontinenten zusammen. Dadurch erschöpften sich die großen Vorräte in Teilen Chinas und Südasiens sehr schnell. Zugleich werde das Grundwasser teils stark verschmutzt. Europa entnehme mit sechs Prozent der weltweiten Menge deutlich weniger Grundwasser und nutze diese vor allem zur Trinkwassergewinnung. Übernutzung drohe in Europa nur selten, aber Verschmutzung durch die Landwirtschaft trete in 38 Prozent aller Grundwasserleiter auf, vor allem durch zu hohe Nitratbelastung.
In vielen Ländern südlich der Sahara würden die riesigen Grundwasserreserven dagegen kaum genutzt. Nur drei Prozent der Ackerflächen seien mit entsprechenden Bewässerungssystemen ausgestattet, davon nutzen wiederum nur fünf Prozent Grundwasser. Die Erschließung des Grundwassers kann laut des Berichts gerade in Afrika ein Katalysator für wirtschaftliche Entwicklung sein, indem die bewässerten Flächen vergrößert und damit die landwirtschaftlichen Erträge und die Vielfalt der Anbaukulturen erhöht werden. In Afrika wie in vielen anderen Weltregionen sei die Qualität des Grundwassers im Allgemeinen gut. Es biete eine ebenso sichere wie kostengünstige und verlässliche Möglichkeit, ländliche Regionen mit Wasser zu versorgen.
Die geringe Nutzung des Grundwassers ist dem Bericht zufolge vor allem auf eine mangelnde Infrastruktur und fehlende Fachkräfte zurückzuführen. Der Weltwasserbericht fordert, die Investitionen in die Grundwasserbewirtschaftung zu erhöhen und zugleich mehr und bessere Daten zum Grundwasser zu erheben sowie schärfere Umweltvorschriften zu erlassen und umzusetzen. Investitionen sollten auch durch Entwicklungszusammenarbeit gestärkt werden. Es sei an den Regierungen, Verantwortung zu übernehmen und durch starke Institutionen, eine bessere Regulierung und angemessene Finanzierung für den Schutz des Grundwassers vor Übernutzung und Verschmutzung zu sorgen.
Wegen des Klimawandels sei immer weniger Oberflächenwasser verfügbar. Zugleich werde der Wasserverbrauch in den nächsten 30 Jahren aufgrund von Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum sowie veränderter Konsumgewohnheiten jährlich um etwa ein Prozent steigen. Aktuelle und künftige Wasserkrisen seien daher nur mithilfe des Grundwassers zu bewältigen. Eine bessere Nutzung des Grundwassersystems kann dem Weltwasserbericht zufolge zur Klimaanpassung beitragen. So sei es etwa möglich, saisonale Überschüsse von Oberflächengewässern in Grundwasserleitern zu speichern. Das könne helfen, Verdunstungsverluste zu verringern, wie sie etwa bei Stauseen auftreten.
Quelle: www.unesco.de