Die Ampel streitet. Mal wieder. Die FDP will jetzt auch die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien als „sichere Herkunftsländer“ einstufen lassen, um Abschiebungen dorthin zu erleichtern. Die Grünen lehnen das ab. Die SPD ist noch unentschlossen, berichtet die taz.
Wer aus einem "sicheren Herkunftsland" flüchtet muss konkret nachweisen, dass er in seinem Land politisch verfolgt wird. Andernfalls wird der Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Befürworter dieses Vorhabens gehen davon aus, dass aussichtslose Asylverfahren dadurch verkürzt würden. Selbst wenn die Maghrebstaaten zu "sicheren Herkunftsländern" erklärt würden, dürfte es an dem offensichtlichen Migrationsdruck nicht viel verändern. Lediglich 0,5 Prozent aller Asylanträge in Deutschland stammen von Menschen aus Maghrebstaaten.
Unterdessen sind wieder so viele Menschen wie kaum an einem anderen Tag auf Lampedusa gestrandet, schlagzeilt der Tagesspiegel. Das Aufnahmelager sei auf 400 Menschen ausgelegt, angekommen sind 2500 Bootsmigranten. Laut Angaben der Nachrichtenagentur Ansa legten die Menschen überwiegend von der tunesischen Küstenstadt Sfax ab. Sie hätten Schleusern zwischen 1000 und 5000 Tunesische Dinar (rund 300 bis 1500 Euro) für die Überfahrt nach Europa bezahlt.
Ist das Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und Tunesien bereits gescheitert? Vor zwei Monaten haben beide Seiten eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die irreguläre Migration über das Mittelmeer einzudämmen. Doch die Ankünfte aus Tunesien sind seither drastisch gestiegen. Bis Mitte Juli verzeichnete das UNHCR 44.000 Ankünfte aus Tunesien in Italien. Jetzt sind es schon 75.000, berichtet die Frankfurter Allgemeine.
Die tunesische Regierung erkläre den starken Anstieg mit einer Art „Torschlusspanik“, berichtete der EU Abgeordnete und Partei- und Fraktionsvorsitzender der EVP, Manfred Weber. Gerade nach der Absichtserklärung hätten Schleuser alles in Bewegung gesetzt, um noch möglichst viele Migranten nach Italien zu verschiffen. In der vorigen Woche seien die Zahlen schon deutlich zurückgegangen.
Aber wie ist dieses Abkommen überhaupt mit den Werten der Europäischen Union hinsichtlich der Achtung der Menschenwürde und der Wahrung von Menschenrechten zu beurteilen, wenn Migranten immer wieder über Misshandlungen an der tunesisch-libyschen Grenze berichten? Ist es ein pragmatischer und angesichts der Migrationssituation kaum zu umgehender Ansatz? Oder wird hier wieder die Scheinheiligkeit der EU unter Beweis gestellt, die das Migrationsthema an repressive Staaten auslagert?