Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP gibt es neben der Erderwärmung und dem Artensterben längst eine dritte globale Krise: die Plastikmüllkrise. Derzeit findet in Nairobi die dritte UN-Konferenz zu Plastikmüll statt. Ein weltweites Abkommen wird verhandelt, das den Plastikmüll drastisch reduzieren könnte und damit auch die schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.

Nach Angaben des Verbands der Kunststoff-Erzeuger Plastics Europe wurden 2022 weltweit 400,3 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, das ist doppelt so viel wie 2002. Mehr als 90 Prozent davon wurden auf Erdölbasis hergestellt, auch wenn der Anteil biobasierter und recycelter Rohstoffe gestiegen ist, berichtet GEO. Das größte Problem sei der Lebenszyklus des Plastiks, denn es dauert Jahrhunderte bis sich Plastik wieder zersetzt. Expertenschätzungen zufolge landen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr in den Meeren.

"Wenn die Menschheit so weitermacht, wird sie im Jahr 2060 rund 1,23 Milliarden Tonnen Plastik herstellen, also mehr als 1.200.000.000.000 Kilo Tüten und Flaschen, Farben und Beschichtungen, Autositze, Pullover, Fensterrahmen, Rohre und so weiter", meldet die taz. Um dem entgegenzuwirken haben Vertreter von 170 Staaten im März 2022 im Rahmen der UN beschlossen, ein Abkommen anzustreben, mit verbindlichen Maßnahmen über Menge, Materialien, Entsorgung und Wiederaufbereitung von Plastikmüll. 2025 soll das Abkommen beschlossen werden.

"Dieses Abkommen allein wird zwar nicht die gesamte Verschmutzungskrise durch Pestizide, Chemikalien und so weiter lösen", sagt Florian Titze, der bei der Naturschutzorganisation WWF für globale Umweltpolitik zuständig ist, "es würde aber eine immense Lücke schließen, denn bei der Plastikverschmutzung haben wir die planetaren Grenzen deutlich überschritten."

Bis 2025 ist noch ein weiter Weg. Ein großes Problem sei der Konsum und im Vergleich dazu die geringen Recyclingquoten. Nach UN-Angaben werden weltweit 46 Prozent der Kunststoffabfälle auf Deponien gelagert, 22 Prozent falsch entsorgt, 17 Prozent werden verbrannt und nur 15 Prozent zum Recyceln gesammelt, wobei am Ende weniger als 9 Prozent tatsächlich recycelt werden. Die UN gehen davon aus, dass die globalen Recyclingraten auch künftig niedrig bleiben und bis 2060 auf nur 17 Prozent steigen werden, so die taz.

Industrievertreter wollen sich natürlich ungern auf Produktionsbeschränkungen einlassen und betonen die wichtige Rolle von Recycling. Der Interessensverband Plastics Europe fordert beispielsweise den Ausbau von Abfallverwertungssystemen weltweit sowie verbindliche Vorgaben für den Einsatz recycelten Materials sowie für reparierbare und wiederverwertbare Produkte. Hersteller sollten einen finanziellen Beitrag zur Abfallentsorgung leisten, berichtet GEO weiter. "Entscheidend ist es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Kunststoffe aus nicht-fossilen Rohstoffen herzustellen und sie am Ende ihrer Nutzung konsequent im Kreis zu führen", forderte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Deutschland, Wolfgang Große Entrup.

In einem Interview mit der taz fordert der Biologe Richard Thompson, der die erste Studie zu Mikroplastik veröffentlichte, eine Verringerung der Produktion von Plastik. Der Planet sei "vom höchsten Berg bis zum tiefsten Meer mit Plastik kontaminiert".

"Egal wie sehr man sich für die Abfallwirtschaft und die Kreislaufwirtschaft einsetzt, ohne eine Verringerung der Produktion und des Verbrauchs wird man das Problem nicht in den Griff bekommen. Alles läuft jedoch darauf hinaus, dass wir die Gesamtmenge an Plastik reduzieren müssen. Das wird wohl die größte Hürde sein, die das Abkommen nehmen muss. Und um es klar zu sagen: Es wird Gewinner und Verlierer geben bei den UN-Mitgliedsstaaten. Deswegen müssen wir Wege finden, um einen gerechten und fairen Übergang für alle zu schaffen. Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen, und genau das ist der Kern der politischen Verhandlungen."


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