Freetown/München (epo). - Vier Jahre nach dem offiziellen Ende des Krieges ist Sierra Leone, das zweitärmste Land der Welt, aus den Schlagzeilen geraten. Der Wiederaufbau in dem westafrikanischen Land ist für die Vereinten Nationen "eines der zehn Themen, über die die Welt nicht genug erfährt". Sierra Leone hält den traurigen Weltrekord der höchsten Kindersterblichkeit. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei vierzig Jahren. Die medizinische Versorgung ist äußerst schlecht. Die internationale Presse berichtete zu Bürgerkriegszeiten vor allem darüber, dass so genannte Rebellen, unter ihnen viele Kindersoldaten, wahllos Männern, Frauen und Kindern die Hände und Arme abhackten. Die Münchener Hilfsorganisation Handicap International kümmert sich - auch ohne die Fernsehkameras - um die Opfer.
"Ohne meine Hände ist mein Körper so gut wie tot", schildert ein junger Mann aus Sierra Leone dem Therapeuten von Handicap International sein Lebensgefühl. Er ist einer der vielen Tausend Opfer der langjährigen, besonders grausamen Kämpfe um Macht und Diamanten, die während der 1990er Jahre in dem westafrikanischen Land tobten.
Handicap International hilft seit zehn Jahren in Sierra Leone körperlich behinderten und durch den Krieg traumatisierten Menschen - auch ehemaligen Kindersoldaten. Die Aktivitäten zur psychologischen Unterstützung der Kinder und Jugendlichen sind noch bis 2008 finanziert. Die Zukunft der Programme zur Prothesenherstellung und Rehabilitation der Kriegsopfer ist jedoch ungewiss.
Der Leiter der Programme von Handicap International in Sierra Leone,
Kombah Pessima (li.), besucht das Limb Fitting Center in Freetown
und trifft dort einen ehemaligen Patienten.
F. Pölcher/Handicap International
Doch die rund 20.000 Menschen, denen durch die Grausamkeiten des Krieges schwerste Behinderungen blieben, haben ein Recht auf Hilfe. Ohne Prothesen und Therapie haben sie in dem extrem armen Land keine Chance, sich und ihre Familien zu ernähren. Weder Regierung noch lokale Einrichtungen sind bisher in der Lage, die Verantwortung für die Rehabilitationsprojekte vollständig zu übernehmen.
"Deshalb verlängert die momentan herrschende Gleichgültigkeit der Internationalen Gemeinschaft und der Rückzug internationaler Hilfsorganisationen das Elend für die zahlreichen Opfer, das durch die Gräueltaten des Krieges angerichtet wurde", mahnt die Münchener Hilfsorganisation.
[Titelfoto: In einer Werkstatt zur Prothesenherstellung von Handicap International fertigt ein Techniker eine Armprothese. P. Vermeulen/Handicap International]
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