Den Karlsruher Forschern zufolge fördert eine beobachtete Abkühlung der Stratosphäre die Bildung stratosphärischer Wolken. Dies wirke der Abnahme des Chlorgehalts entgegen. An der Oberfläche der Wolkenpartikel werde Chlor verstärkt aktiviert und könne so den katalytischen Ozonabbau in Gang setzen.
Eine schon 1974 in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung ausgesprochene Warnung vor den Folgen immer stärkerer Fluor-Chlor- Kohlenwasserstoff-Emissionen (FCKW) bestätigte sich 1985 auf dramatische Weise: Britische Forscher entdeckten das "Ozonloch", eine jährlich im antarktischen Frühjahr auftretende Abnahme der Ozonschicht in über 20 km Höhe, in der Stratosphäre. Dies führte schließlich 1987 zur Unterzeichnung des so genannten Montreal-Protokolls, in dem sich die internationale Staatengemeinschaft verpflichtete, die Emissionen von FCKW zu senken. Das Abkommen greift: Das Maximum der FCKW-Konzentration in der Troposphäre wurde Mitte der 90er Jahre erreicht. Der Chlorgehalt der Stratosphäre nimmt seit der Jahrtausendwende langsam ab.
Trotzdem ist der Chlorgehalt in der Stratosphäre nach wie vor sehr hoch. Wegen der langsamen Austauschprozesse nach unten in die Troposphäre werde es noch mehrere Jahrzehnte dauern, bis der Chlorgehalt deutlich gesunken ist und sich die Ozonschicht nachhaltig erholen kann, so die Karlsruher Wissenschaftler.
"Ozondaten, die im Rahmen des bodengebundenen Messnetzes unseres Instituts langfristig gemessen werden, zeigen noch keinerlei Erholungstendenz", erklärte Professor Dr. Herbert Fischer, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung des Forschungszentrums Karlsruhe. Die wesentliche Unsicherheit in der Prognose der Zukunft der Ozonschicht liege im Einfluss des Treibhauseffektes auf die Chemie in der Stratosphäre. Dieser führe in der Stratosphäre - im Gegensatz zur Erwärmung in bodennahen Luftschichten - zu einer Abkühlung. Wenn die Stratosphäre kälter wird, werden sich verstärkt so genannte polare Stratosphärenwolken bilden. An der Oberfläche dieser Wolkenpartikel werden Chlorverbindungen aufgespalten und für die Reaktion mit Ozon
aktiviert: Der katalytische Ozonabbau kommt in Gang.
Das verstärkte Auftreten polarer Wolken, so die Karlsruher Forscher, wirkt somit dem reduzierten Chlorgehalt entgegen: Die Erholung der Ozonschicht verzögert sich. Eine zuverlässige Prognose, wann sich die Ozonschicht erholen wird, sei derzeit noch nicht möglich.
Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz- Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.
[Foto: Polare stratosphärische Wolken über Kiruna, Nordschweden; Copyright ? by Forschungszentrum Karlsruhe]