UNICEFBerlin (epo). - Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hat Regierungen und Öffentlichkeit zu entschlossener Hilfe für Kinder in vergessenen Krisenländern und Konflikten aufgerufen. In seinem Bericht "Zur Lage der Kinder in Krisengebieten 2005" legte UNICEF am Montag eine Liste von 33 Ländern vor, in denen Millionen Kinder auf Überlebenshilfe von außen angewiesen sind.

Zwei Drittel dieser Notsituationen sind UNICEF zufolge auf dem afrikanischen Kontinent. In keiner Weltregion verstärkten sich Naturkatastrophen und von Menschen gemachte Krisen so stark, berichtet die Organisation. Allein in den zehn am meisten vernachlässigten Krisenländern Afrikas sterben demzufolge jedes Jahr fast zwei Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, die meisten an vermeidbaren Krankheiten. Auf dem afrikanischen Kontinent lebten zwar nur zwölf Prozent der Weltbevölkerung. Aber auf Afrika entfielen 43 Prozent aller weltweiten Todesfälle bei Kindern und 90 Prozent der AIDS-Waisen, so UNICEF.

Trotz zahlreicher internationaler Appelle standen im vergangenen Jahr für UNICEF-Nothilfeprogramme in Ländern wie Äthiopien, Burundi, der Elfenbeinküste, Liberia, Sierra Leone, Uganda und den von AIDS betroffenen Staaten im südlichen Afrika weniger als die Hälfte der benötigten Mittel zur Verfügung. Dies bedeute, dass dort wichtige Hilfsprogramme zur Versorgung mit Wasser, Medikamenten und Zusatznahrung oder die Demobilisierung von Kindersoldaten nur eingeschränkt möglich gewesen seien.

"Die außerordentliche Großzügigkeit der Hilfe für die Opfer der Flut in Asien markiert eine neue Dimension internationaler Solidarität. UNICEF appelliert an die Regierungen und an die Öffentlichkeit, in gleicher Weise den Kindern in vergessenen Krisenländern zu helfen", erklärte der Leiter der weltweiten UNICEF-Nothilfeprogramme, Dan Toole bei der Vorstellung des UNICEF-Berichts in Berlin.

"Wir müssen handeln, bevor Konflikte und Krisen chronisch werden und in Form von politischer Instabilität und Gewalt auf uns zurückschlagen", sagte der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Dietrich Garlichs.

UNICEF benötigt für seine Hilfsprogramme in Krisenländern in 2005 insgesamt rund 577 Millionen Euro; allein ein Viertel davon ist für die Not- und Wiederaufbauhilfe im Westen (Darfur) und Süden des Sudan bestimmt.

Die Aussichten für die Flüchtlinge in der Provinz Darfur im Sudan sind UNICEF zufolge düster. Mehr als 1,6 Millionen Menschen seien in ihren improvisierten Lagern in der Wüste weiter völlig von humanitärer Hilfe abhängig. Hinzu kämen 530.000 Bewohner der Dörfer und Gemeinden, die ihre knappen Ressourcen mit den Vertriebenen teilen müssten. In den vergangenen Wochen habe sich die Sicherheitslage erneut stark verschlechtert. Trotz der schwierigen Umstände habe die UNICEF-Hilfe in Darfur im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte gemacht.

So unterstütze UNICEF die Wasserversorgung für rund 900.000 Menschen. 330 Gesundheitsstationen erhielten Medikamente für 1,3 Millionen Menschen. In 50 therapeutischen Ernährungszentren würden 37.000 schwer mangelernährte Kinder betreut. 139.000 Kinder besuchten gegenwärtig provisorische Notschulen.

Im Süden des Sudan bestehe nach dem Friedensschluss vom 9. Januar Hoffnung auf das Ende des 21jährigen Bürgerkriegs. Doch die Lebensbedingungen dort gehörten mit zu den schlechtesten weltweit. Für ein Kind sei dort die Wahrscheinlichkeit größer, vor seinem fünften Lebensjahr zu sterben, als jemals eine Schule zu besuchen.

UNICEF rechnet damit, dass bis zu vier Millionen Flüchtlinge in ihre Dörfer zurückkehren werden, wo es weder Schulen, Gesundheitseinrichtungen noch ausreichend sauberes Wasser gibt. Tausende Kindersoldaten müssen demobilisiert und in ein ziviles Leben zurückgeführt werden.

Seit 1998 sind laut UNICEF durch den Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo über 3,3 Millionen Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon Kinder, Frauen und alte Menschen. Über 1,9 Millionen Kinder litten heute an chronischer Mangelernährung und nicht einmal jeder Dritte Kongolese habe Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung. Über die Hälfte der Kinder gehe nicht zur Schule. Schätzungsweise 35.000 Kinder und Jugendliche würden als Soldaten missbraucht. In den Kriegszonen im Osten des Landes habe die sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen dramatische Formen angenommen.

Die UNICEF-Hilfe zielt auf die besonders benachteiligten Kinder in den ärmsten und vom Bürgerkrieg am stärksten betroffenen Regionen. Rund 200 Gesundheitsstationen müssten mit Medikamenten und technischem Gerät ausgerüstet sowie Impfstoffe für sechs Millionen Kinder bereitgestellt werden. UNICEF unterstütze 91 therapeutische Ernährungszentren und organisiert Schulunterricht für 200.000 Flüchtlingskinder. 9.000 vergewaltigte und missbrauchte Mädchen und Frauen sollten medizinische und psychologische Hilfe erhalten.

Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit sind im Norden von Uganda rund 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor brutalen Übergriffen der so genannten Lord's Resistance Army (LRA). 80 Prozent der Vertriebenen sind laut UNICEF Kinder und Frauen. Sie leben unter primitiven Bedingungen in 210 Lagern. Aus Angst vor Übergriffen fliehen jede Nacht 44.000 Kinder aus ihren Dörfern in die nächstgelegenen Städte. In den vergangenen zwei Jahren wurden allein 12.000 Kinder von der LRA entführt, misshandelt und zum Morden gezwungen.

In diesem Jahr will UNICEF 90 Prozent der Flüchtlingskinder impfen und mit Vitamin-A-Tabletten versorgen. In zehn Lagern sollen Kindergärten eingerichtet werden. Insgesamt sollen 40 Notschulen entstehen. 50.000 Familien erhalten Decken, Geschirr, Wasserkanister und Seife und Kleidung. Weiter werden Brunnen repariert und sanitäre Anlagen gebaut.

? UNICEF


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