Frankfurt a.M. (epo). - Mit scharfer Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die aktualisierte Forderungsliste der Europäischen Union im Rahmen des WTO-Dienstleistungsabkommens GATS reagiert. Besonders kritisch sieht Attac die Tatsache, dass die EU darin an ihrer Forderung nach der Liberalisierung des Wassersektors in vielen Ländern weitgehend festhält. "Marktöffnungsforderungen im Wassersektor erhöhen den Privatisierungsdruck", sagte Christina Deckwirth von der Attac-WTO-AG. "Doch ein sensibles Gut wie Wasser gehört in öffentliche Hände und unter die Kontrolle der Bürger."
Während Belgien und Großbritannien sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen kritisch zeigten, habe Deutschland den Forderungen zugestimmt. "Damit zeigt die Bundesregierung einer breiten Protestbewegung, die sich gegen die verheerenden Auswirkungen der Privatisierung im Wassersektor einsetzt, die kalte Schulter", sagte Alexis Passadakis, Privatisierungsexperte bei Attac. Skandalös sei auch, dass die EU-Forderungen weiterhin vor der Öffentlichkeit geheim gehalten würden.
Bereits im Jahr 2003 hatte die EU im Rahmen der GATS-Verhandlungen Forderungen an 109 Staaten übermittelt. Gerade die 72 Marktöffnungsforderungen im Wassersektor stießen auf breite Proteste zivilgesellschaftlicher Akteure in Nord und Süd. In Deutschland forderten tausende von Menschen im Rahmen einer Attac-Kampagne mit Postkarten, Unterschriften und Aktionen den Stopp der GATS-Verhandlungen. Unter öffentlichem Druck hatte auch der Bundestag "schwerwiegende Bedenken" gegen die GATS-Verhandlungen angemeldet. Nach dem Stocken der WTO-Runde sind die neuen EU-Forderungen der Anfang einer neuen Verhandlungsphase des GATS (General Agreement on Trade in Services).
Der neue Entwurf sieht Attac zufolge weiterhin weitreichende Forderungen in Bereichen wie Wasserversorgung, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Tourismus vor. Verändert habe sich neben einzelnen Zugeständnissen an Entwicklungsländer offenbar vor allem die Rhetorik: Die Kommission betone nun, ihre Forderungen sollten keineswegs zur Privatisierung öffentlicher Güter führen. "Es ist zu begrüßen, dass die EU auf den öffentlichen Druck reagiert hat", sagte Christina Deckwirth. "Doch diese Rhetorik bleibt substanzlos, solange sie an ihrer Politik festhält. Marktöffnungen im Wasserbereich nutzen nicht den Armen, sondern den europäischen Wasserkonzernen."
Dies zeige sich derzeit in Bolivien, wo die Regierung dem französischen Wasser-Multi Suez gerade die Konzession für die Städte La Paz und Palo Alto entziehen wolle, erklärte Attac. Grund dafür sei der anhaltende Widerstand der Bevölkerung gegen überhöhte Wassergebühren und schlechte Versorgung. Mehr als 40.000 Haushalte blieben ohne Wasseranschluss, weil Suez nicht ausreichend investiert habe.