Nairobi/Köln (epo). - Anlässlich des Weltgipfels "Für eine minenfreie Welt" in Nairobi hat das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) die Regierungen von China, Indien, Russland und den USA aufgefordert, dem "Ottawa-Vertrag" zum Verbot von Anti-Personen-Minen beizutreten. Gleichzeitig appellierte UNICEF an die internationale Gemeinschaft, mehr Mittel zur Aufklärung der Bevölkerung in minenverseuchten Gebieten und für medizinische Hilfe bereit zu stellen. Das Gipfeltreffen findet seit Sonntag in der kenianischen Hauptstadt statt.

Trotz der weltweiten Ächtung von Landminen werden laut UNICEF jedes Jahr nach wie vor zwischen 15.000 und 20.000 Menschen bei Minenexplosionen verletzt oder getötet, jeder fünfte davon ist ein Kind. Auch viele Jahre nach dem Ende von Konflikten seien Landminen eine permanente Bedrohung für die Zivilbevölkerung in zahlreichen Entwicklungsländern. Die am stärksten verminten Länder seien heute Afghanistan, Angola, Kambodscha und der Irak.

"Landminen sind eine tödliche Gefahr besonders für Kinder", erklärte der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Dietrich Garlichs. "Ihre natürliche Neugier und ihr Spieltrieb werden ihnen zum Verhängnis. Landminen töten oder verstümmeln jedes Jahr Tausende Kinder oder machen sie zu Waisen."

Vom 28. November bis 3. Dezember findet in Nairobi der Weltgipfel "Für eine minenfreie Welt" statt. Ziel der Konferenz ist die Bestandsaufnahme der weltweiten Minengefahr sowie die Umsetzung des so genannten Ottawa-Abkommens zum Verbot von Anti-Personen-Minen von 1999. Bis heute sind 143 Länder dem Abkommen beigetreten, darunter auch Deutschland. Wichtige Herstellerländer von Landminen wie China, Russland, Indien und die USA haben sich der weltweiten Ächtung dieser heimtückischen Waffe bisher nicht angeschlossen.

Landminen, Blindgänger und nicht explodierte Streubomben sind eine besondere Bedrohung für Kinder, so UNICEF. Vielfach sehen diese Hinterlassenschaften wie Spielzeug aus: klein, interessant und bunt. Oft sind in Kriegs- und Nachkriegssituationen Schulen und andere öffentliche Einrichtungen geschlossen. Die Kinder streifen durch Trümmer und sammeln Fundstücke. Kinder von Flüchtlingen und Vertriebenen wissen bei ihrer Rückkehr in ihre Dörfer nichts über die Minengefahr. Auf der Suche nach Feuerholz, beim Wasser holen oder Vieh hüten geraten sie leicht in vermintes Gelände.

Weil sie kleiner sind als Erwachsene, haben Minenexplosionen für Kinder öfter tödliche Folgen. 85 Prozent der betroffenen Kinder sterben auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Überlebenden verlieren Arme, Beine, das Augenlicht oder das Gehör. Häufig erleiden sie schwerste Verletzungen im Unterleib. In den Entwicklungsländern können sie meist nicht richtig versorgt werden. Weil sie noch wachsen, brauchen die Kinder alle sechs Monate neue Prothesen. Oft sind auch Nachoperationen nötig, die sich viele Familien nicht leisten können. Häufig können minenverletzte Kinder nicht mehr zur Schule gehen.

UNICEF weist darauf hin, dass seit Inkrafttreten des so genannten "Ottawa-Vertrags" deutlich weniger Minen gelegt wurden. Die Unterzeichnerstaaten haben nach Angabe der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen 37 Millionen Anti-Personen-Minen aus ihren Beständen vernichtet. Auch haben verstärkte Aufklärungsprogramme in Schulen vielen Kindern das Leben gerettet, und es gab Fortschritte bei der Minenräumung.

Das Ottawa-Abkommen sei nur ein erster Schritt, um die Minengefahr auf der Erde zu beseitigen. Weitere Schritte müssten folgen, fordert UNICEF:

Alle Landminentypen verbieten: Ein Schwachpunkt des "Ottawa-Vertrages" ist bis heute die Tatsache, dass er so genannte Antifahrzeugminen nicht erfasst. Minen, die sich per Definition nicht primär gegen Personen, sondern gegen Fahrzeuge wie zum Beispiel Panzer richten, sind weiter erlaubt. Dabei kann ein Bus problemlos eine Panzermine auslösen. Hinzu kommt, dass diese oft mit einem zusätzlichen Sprengkörper als Räumschutz versehen werden, der wie eine Anti-Personen-Mine wirkt. Auch die Bundeswehr hat nach eigenen Angaben noch große Mengen Antifahrzeugminen in ihren Beständen.

Streubomben ächten: Ein weiteres Problem ist, dass neue, moderne Waffen in den Kriegen der Gegenwart eingesetzt werden, die eine ähnlich gefährliche Langzeitwirkung entfalten wie Minen. So haben Streubomben nachweislich eine hohe Blindgängerquote und verwandeln große Flächen in wenigen Sekunden in "Minenfelder".

Minenräumung vorantreiben: Schließlich bleibt noch das Problem der vorhandenen, vielfach während des Kalten Krieges verlegten Minen in den Entwicklungsländern. Die Minenräumung ist kostspielig, gefährlich und geht nur langsam voran. Die Entwicklungsländer brauchen dafür dringend mehr Unterstützung. Solange den Menschen aber nichts anderes übrig bleibt, als mit der alltäglichen Minengefahr zu leben, sind flächendeckende Aufklärungsprogramme extrem wichtig.

Minenaufklärung verstärken: UNICEF führt Programme zur Minenaufklärung in 34 Ländern durch, darunter Afghanistan, Angola, Kambodscha und Vietnam. Eine aktuelle UNICEF-Studie über das Minenproblem in Asien belegte, dass zum Beispiel nach intensiver Aufklärung in vietnamesischen Schulen die Zahl der Unfälle um die Hälfte zurückging. Die Minengefahr ist am größten für Kinder aus armen Familien, die nicht zur Schule gehen. Sie sind 45mal so gefährdet, wie Kinder, die gelernt haben mit der Minengefahr umzugehen.

Hilfe für Minenopfer verbessern: Die meisten Minenopfer sind arm und haben oft keine ausreichende medizinische Hilfe. UNICEF ruft deshalb dazu auf, Mittel aus der Forschung und Entwicklung von Minen umzuwidmen für die medizinische Versorgung und Rehabilitation von Minenopfern.

 Nairobi Summit on a Mine-Free World
 In Deutschland haben sich 17 humanitäre Organisationen zum "Aktionsbündnis landmine.de" zusammengeschlossen, darunter UNICEF.
 UNICEF


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