gfbvGöttingen. - Der Ausverkauf von Land in Äthiopien nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen warnte am Mittwoch davor, dass die Armut der Kleinbauern mit der geplanten Verpachtung riesiger Flächen noch weiter geschürt und viele kleinere Völker in ihrer Existenz bedroht werden. Äthiopien wolle Flächen größer als die Niederlande an ausländische Investoren verpachten.

Der äthiopische Landwirtschaftsminister Tefera Derbew habe Anfang Februar bei seiner Rückkehr von einer Indienreise angekündigt, ausländischen Investoren jetzt zusätzlich 3,6 Millionen Hektar Land zur Pacht anzubieten, berichtete die GfbV. Zuvor hatte er bereits 1,8 Millionen Hektar zur langfristigen Verpachtung freigegeben. Das entspricht insgesamt einer Fläche von 54.000 Quadratkilometern und ist deutlich mehr als die Größe der Niederlande.

"Von den Großplantagen, die Investoren anlegen und deren Produkte zumeist exportiert werden, haben Äthiopiens Kleinbauern und die immer wieder hungernde Landbevölkerung nur wenig", kritisierte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Vor allem unter den Völkern der Oromo, Afar, Anuak, Somali und kleineren ethnischen Gruppen im Süden Äthiopiens führe der Landraub zu massiven Problemen, die eigene Bevölkerung zu ernähren.

"Es ist skandalös, dass Äthiopien um internationale Nahrungsmittelhilfe für die Regionen Oromiya und Ogaden bittet und zugleich den Bauern auch in diesen Gebieten immer mehr Land raubt, um Platz für die Exportproduktion ausländischer Investoren zu schaffen", sagte Delius. Angesichts geringer Regenfälle hatte die äthiopische Regierung am Dienstag an die internationale Gemeinschaft appelliert, drei Millionen Dürreopfer im Osten und Süden des Landes mit Nothilfe im Wert von 226 Millionen US-Dollar zu unterstützen.

307.000 Hektar Land wurden nach Angaben der GfbV inzwischen an in- und ausländische Pächter vergeben. Die wichtigsten Investoren seien indische Unternehmen, die sich 79 Prozent des verpachteten Landes für die kommenden 70 Jahre sicherten. Sie haben nach Angaben des Landwirtschaftsministers bereits 4,7 Milliarden US-Dollar in die äthiopische Landwirtschaft investiert. Die indischen Firmen betreiben vor allem den Anbau von Baumwolle, Ölpalmen, Kautschuk, Ölsaaten und Zuckerrohr.

Auf Kritik stößt der Ausverkauf des Landes nicht nur bei den betroffenen Bauern, sondern nun auch bei Äthiopiens Staatspräsident Girma Wolde-Giorgis. Wie erst jetzt öffentlich wurde, hatte er in einem Brief an den Landwirtschaftsminister vom 10. Dezember 2010 die Rodung von Wäldern in der Region Gambella für den Bau von Großfarmen ausländischer Investoren kritisiert.

"Fast 40 Prozent der äthiopischen Bevölkerung ist unter- oder mangelernährt", erklärte Thilo Hoppe, Sprecher für Welternährung der Grünen. "Bis zu acht Millionen Äthiopier sind auf internationale Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Doch statt ihre eigenen Bauern stärker darin zu unterstützen, mehr Nahrungsmittel für den heimischen Markt anzubauen, verscherbelt die äthiopische Regierung Land an ausländische Großinvestoren."

Die Bundesregierung müsse im Rahmen der im Juni anstehenden Regierungsverhandlungen die "Widersprüche in der Agrarpolitik Äthiopiens" ansprechen und die Regierung von Premier Meles Zenawi an ihre Pflicht zur Achtung des Rechts auf Nahrung erinnern, forderte Hoppe. "Sie sollte auch auf deutsche Firmen einwirken, mit ihren Investitionen nicht länger den Kampf gegen den Hunger zu konterkarieren."

www.gfbv.de

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