Afghanistan. Karte: CIA World FactbookHamburg (epo). - Afghanische Flüchtlinge werden aus Deutschland abgeschoben, obwohl das Auswärtige Amt in einem internen Lagebericht von einer erheblichen Gefährdung der Rückkehrer ausgeht. Dies berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner neuen Ausgabe vom Montag (15. August). Die Bundeswehr rechne auch mit höheren Verlusten von Soldaten und habe ihren Etat für die Überführung und Bestattung verstorbener Soldatinnen und Soldaten auf eine Million Euro erhöht.

Nur wenige Wochen, nachdem die Bundesländer mit der Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan begonnen und dies mit einer verbesserten Sicherheitslage begründet haben, zeichne das Auswärtige Amt ein äußerst düsteres Bild vom Hindukusch-Land, so der "Spiegel". In einem unter Verschluss gehaltenen Lagebericht des Auswärtigen Amts (AA) von Mitte Juni heiße es, die Situation habe sich für Afghanen "weiterhin landesweit nicht verbessert", für "etliche Provinzen" gelte, dass "eine Rückkehr dorthin nicht ohne Risiko für Leib und Leben möglich" sei. Die Wirtschaftlage wird laut "Spiegel" als "desolat" beschrieben, die Gesundheitsversorgung als "unzureichend"; auf dem Land herrsche starke Mangelernährung, in Kabul und anderen Städten Wohnungsnot.

Besonders düster sind dem "Spiegel"-Bericht zufolge die Aussichten von jungen, alleinstehenden Afghanen, die zurzeit bevorzugt aus Deutschland abgeschoben werden. Wer "außerhalb des Familienverbandes oder nach längerer Abwesenheit im westlich geprägten Ausland" nach Afghanistan zurückgehe, noch dazu "ohne ein familiäres Netzwerk", stoße auf "größere Schwierigkeiten" als Heimkehrer, die mit ihrer Sippe aus Nachbarländern wie Iran oder Pakistan zurückkämen.

Auch die Vereinten Nationen kritisierten nach Angaben des Hamburger Nachrichtenmagazins die Sicherheitslage in Afghanistan. Präsident Hamid Karzai und seinen Helfern fehle offenbar der politische Wille und die Kraft, gegen die mächtigen Drogenbarone vorzugehen, die das Land faktisch unter sich aufgeteilt haben. Dies hätten hohe UNO-Beamte Anfang voriger Woche während eines Besuchs von Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) bei UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärt.

Die Skepsis gegenüber der Situation am Hindukusch wachse ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, da Struck das deutsche Kontingent in Afghanistan von derzeit 2250 auf 3000 Soldaten aufstocken und der Bundeswehr verstärkt Unterstützungsaufgaben bei der Drogenbekämpfung zuweisen wolle, so der "Spiegel". Weil die UNO ihr Afghanistan-Mandat erst im Oktober verlängere, könne die Bundesregierung eine Parlamentsentscheidung über die Ausdehnung des Mandats aber erst nach der Bundestagswahl beantragen.

Die Bundesregierung rechne überdies mit höheren Verlusten von Soldaten bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, so der "Spiegel". Verteidigungsminister Peter Struck warne seit einiger Zeit, dass es bei den riskanten Missionen vom Balkan bis zum Hindukusch mehr Tote und Verwundete geben könnte. Aus dem Entwurf des Bundeshaushalts 2006 gehe hervor, dass für die "Überführung und Bestattung verstorbener Soldatinnen und Soldaten" Ausgaben von einer Million Euro erwartet werden. Das seien rund 35 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Auch die Aufwendungen für Arznei- und Verbandmaterial würden für 2006 um ein Drittel höher geschätzt als für das laufende Jahr.

 Der Spiegel
 Auswärtiges Amt


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