Kinder in Nordkorean. Foto: WFPGiessen (epo). - Schwer unterernährten Kindern, bei denen herkömmliche Therapien oft nicht greifen, kann nach den Erkenntnissen von Giessener Ernährungswissenschaftlern in Zukunft besser geholfen werden. Verschiedene antioxidativ wirksame Substanzen als Nahrungszusatz könnten nach den Erkenntnissen der Forscher, die sie bei Feldstudien in Afrika gewonnen haben, die Sterblichkeit der Kinder um mehr als die Hälfte reduzieren. Auch der klinische Zustand sowie die Blutwerte der Kinder hätten sich auffällig verbessert.

In weiten Teilen Afrikas, aber auch in Asien stellt schwere Unterernährung im Kindesalter noch immer ein großes Problem dar. Insbesondere sind Krisengebiete wie derzeit der Niger betroffen, in denen die Versorgung mit Lebensmitteln nicht gewährleistet ist. Die Ergebnisse einer Studie unter Federführung von Prof. Dr. Katja Becker vom Institut für Ernährungswissenschaft am Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement der Justus- Liebig-Universität Gießen, die gemeinsam mit Kollegen in Ghana, Heidelberg und Ulm durchgeführt wurde, geben Anlass zur Hoffnung, dass solch schwer unterernährten Kindern, bei denen herkömmlich Therapien oft nicht gegriffen haben, in Zukunft besser geholfen werden kann.

Die schwere Unterernährung im Kindesalter lässt sich nach Angaben der Giessener Ernährungswissenschaftler in drei Hauptgruppen einteilen: den Marasmus, den Kwashiorkor und den marasmischen Kwashiorkor. Der Kwashiorkor betrifft vor allem Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren und ist durch Wassereinlagerungen im Körper, Funktionsstörungen der Leber und oft schwere Begleitinfektionen gekennzeichnet. Die Therapie des Kwashiorkor sei bislang bei weitem nicht optimiert, die Sterblichkeitsraten lägen bei 20 bis 40 Prozent, je nach Behandlungsmöglichkeiten vor Ort, so die Giessener Forscher.

Im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten stellten die Wissenschaftler um Prof. Becker in den letzten Jahren fest, dass Kinder, die an Kwashiorkor leiden, stark eingeschränkte Schutzmechanismen gegen giftige Stickstoff- und Sauerstoffverbindungen haben. Dieser nitrosative und oxidative Stress wird im menschlichen Körper permanent, beispielsweise im Rahmen der Zellatmung, produziert. Durch Infektionen, aber auch durch UV-Licht, wird dieser Stress erhöht. Liegt bei den betroffenen Kindern zusätzlich eine quantitative und qualitative Mangelernährung vor, bei der nicht genügend antioxidativ wirksame Vitamine, Spurenelemente und Aminosäuren aufgenommen werden, so kann es zu dem schweren Krankheitsbild des Kwashiorkor kommen.

Wie weltweite Studien der letzten Jahre zeigten, kann selbst die genau dosierte Zufuhr von Flüssigkeit, Nähr- und Mineralstoffen in Kombination mit antibiotischer Therapie die erkrankten Kinder oft nicht retten. Aus diesem Grund hat Prof. Becker in Zusammenarbeit mit Kollegen vom St. Joseph's Hospital in Jirapa (Ghana) und den Universitäten Heidelberg und Ulm sowie dem Institut für Biometrie und Populationsgenetik der der Uni Giessen eine klinische Interventionsstudie in Afrika durchgeführt.

In dieser Studie wurden Kinder mit schwerem Kwashiorkor mit der derzeit etablierten Therapie behandelt und über 20 Tage klinisch überwacht. Als Nahrungszusatz erhielten sie verschiedene antioxidativ wirksame Substanzen (entweder Glutathion oder Liponsäure oder N-Acetylcystein). Sowohl Glutathion als auch Liponsäure senkten die Sterblichkeit der Kinder nach Angaben der Forscher im Vergleich zur Kontrollgruppe um mehr als die Hälfte. Auch der klinische Zustand sowie die Blutwerte der Kinder hätten sich auffällig verbessert.

Die Wissenschaftler schlagen nun eine so genannte multizentrische Studie vor, auf deren Basis die Gabe von Glutathion beziehungsweise Liponsäure in die internationalen Therapieempfehlungen übernommen werden soll.

? Justus-Liebig-Universität Gießen


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