RoGBerlin/Paris (epo). - Am Internationalen Tag der Pressfreiheit hat die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen vor massiven Einschränkungen der Medien- und Meinungsfreiheit weltweit gewarnt. 22 Journalisten seien allein in diesem Jahr wegen oder während ihrer Arbeit ums Leben gekommen, 103 seien derzeit hinter Gittern. Zensur und Verbot von Medien hätten im Jahr 2004 um 20 Prozent zugenommen. Mehr als 2.000 Journalisten seien 2004 wegen ihrer Recherchen inhaftiert, bedroht oder attackiert worden.

Besonders gefährlich lebe, wer über Machtmissbrauch, Korruption oder Drogenhandel berichtet, erklärte Reporter ohne Grenzen. "Freie Meinungsäußerung und unabhängige Medien existieren in vielen Teilen der Welt nicht. Rund ein Drittel der Menschheit lebt ohne freien Zugang zu Information und damit ohne die Chance auf eine demokratische Entwicklung", sagte Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen. "Daher fordern wir alle Regierungen auf, sich verstärkt für das Menschenrecht auf freie Information einzusetzen."

Besonders appellierte Reporter ohne Grenzen an die Machthaber in China, Nepal, Iran und Kuba. China sei nach wie vor das größte Gefängnis für Journalisten weltweit: 26 Reporter seien dort derzeit hinter Gittern. Im Iran gerieten die wenigen verbliebenen kritischen Journalisten und Online-Dissidenten vor den anstehenden Wahlen im Juni zunehmend unter Druck: Fünf von ihnen seien in den vergangenen Monaten verhaftet worden, eine Tageszeitung dürfe nicht mehr erscheinen, zahlreiche Online-Portale seien geschlossen.

In Nepal herrsche auch für die Medien Ausnahmezustand, so die Organisation. Zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften seien geschlossen, Nachrichten im Radio verboten. Websites würden zensiert, Journalisten eingeschüchtert und bedroht, fünf seien in Haft. Auch in Kuba existiere nach wie vor keine unabhängige Presse und nach der Verhaftungswelle vom März 2003 warteten noch immer 22 Journalisten auf ihre Freilassung.

Das weltweit gefährlichste Land für Journalisten bleibt der Irak: Seit Kriegsbeginn im März 2003 kamen dort 55 Journalisten ums Leben; neun allein in diesem Jahr. Fünf Journalisten und Medienmitarbeiter sind noch immer in Geiselhaft.

Die internationale Menschenrechtsorganisation stellt in diesem Jahr das Schicksal der Medienmitarbeiter und so genannten Stringer in den Mittelpunkt. Diese seien oft einheimische Journalisten, die ausländischen Reportern vor Ort aktuelle Einschätzungen und Kontakte vermitteln, für sie übersetzen, Interviews arrangieren und sie in schwer zugängliche Regionen führen. Ohne die Stringer wäre die Arbeit der Auslandskorrespondenten in Ländern wie dem Irak, Afghanistan oder Israel/Palästina nicht möglich. Ihre Informationen fließen in die Berichterstattung ein. "Doch kommt die Arbeit bewaffneten Gruppen oder Regierungen in die Quere, sind sie in höchster Gefahr", so ROG-Vorstand Rediske. Würden sie wegen ihrer Arbeit verhaftet oder gar getötet, könnten sie kaum mit der Aufmerksamkeit rechnen, die ihre ausländischen Kollegen bekommen. "Wir sind auf ihre Informationen angewiesen, sie auf unsere Unterstützung. Hier sind die internationalen Medien in der Pflicht."

Dass öffentlicher Druck hilft, zeigt laut Reporter ohne Grenzen der Fall von Khawar Mehdi Rizvi. Der pakistanische Journalist unterstützte im Dezember 2003 französische Kollegen bei einer brisanten Recherche an der afghanischen Grenze. Das gesamte Team wurde verhaftet. Während die Franzosen schnell frei kamen, blieb Rizvi für Monate hinter Gittern. Angeklagt wegen Volksverhetzung und Verschwörung, drohte ihm lebenslange Haft. Als er auf Kaution frei gelassen wurde, verhalf Reporter ohne Grenzen ihm zur Flucht ins Ausland und machte den Fall öffentlich. Die schwere Anklage gegen Rizvi wurde vor wenigen Tagen aufgehoben.

Reporter ohne Grenzen


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