Berlin/Mumbai (epo). - In Indiens Wirtschaftsmetropole Mumbai (Bombay) trafen sich rund 100.000 Globalisierungskritiker und Friedensaktivisten zum Weltsozialforum 2004 (World Social Forum, WSF). Auf der Tagesordnung des WSF, das sich als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF, 21.-25. Januar 2004) im schweizerischen Davos etabliert hat, standen rund 1.000 Veranstaltungen zu Themen wie Krieg und Frieden, religiöser Fundamentalismus, unfairer Welthandel, Menschenrechten und Umwelt.
Das Weltsozialforum hatte in den Jahren 2000 bis 2002 im brasilianischen Porto Allegre statt gefunden In diesem Jahr ist erstmals Indien Tagungsort, um mehr Menschen aus Afrika und Asien die Teilnahme zu ermöglichen.
Das Treffen in Bombay vom 16. bis 21. Januar 2004 trug das Motto "Eine andere Welt ist möglich", um Umwelt-, Sozial- und Friedensgruppen die Möglichkeit zur Zusammenarbeit und Vernetzung eröffnen.
Bereits vor Beginn des Weltsozialforums hatten einige Aktivisten US-Präsident George W. Bush symbolisch den Krieg erklärt. "Bush muss gestoppt werden. Die Politik seines Landes verursacht in der ganzen Welt Verwüstung, militärisch wie ökonomisch", erklärte Chico Whitaker, der die ersten drei Sozialforen in Porto Alegre leitete. Er wollte auf der diesjährigen Tagung insbesondere den Irak-Krieg und die Handelspolitik der US-Regierung an den Pranger stellen.
Zwei Tage vor Eröffnung des Weltsozialforums begann die Tagung der internationalen Gesundheitsbewegung (People's Health Movement). Rund 600 Delegierte aus mehr als 90 Ländern nahmen daran teil, darunter auch ein Vertreter der deutschen sozialmedizinischen Hilfsorganisation "medico international". "Das Treffen", so medico-Vertreter Andreas Wulf, "könnte einen Aufschwung der globalen Gesundheitsbewegung markieren".
Die Tagung, deren Ergebnisse auch in das Weltsozialforum einflossen, beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Globalisierung und der neoliberalen Wirtschaftspolitik auf die Lage der Gesundheit. Dabei zeigt sich, dass sich die Gesundheitslage für die zunehmende Zahl von ausgegrenzten Menschen dramatisch verschlechtert hat. Die Kluft zwischen denen, die Zugang zu Gesundheitsversorgung haben und denen, die über keinerlei Mittel und Wege im Krankheitsfall verfügen, habe sich erheblich vertieft, so medico. Am Beispiel AIDS-HIV werde dies besonders deutlich: Während in den reichen Ländern mehr als 90 Prozent der Betroffenen Zugang zu antiretroviralen Medikamenten hätten, seien es in Afrika gerade einmal 1,25 Prozent (50.000 von 4 Millionen, die eine Behandlung benötigen). Die Folgen der AIDS/HIV- Pandemie im subsaharischen Afrika seien ohne Übertreibung z.B. mit der Pest im mittelalterlichen Europa vergleichbar, so der neue Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Dr. Lee Jon- Wook.
Auf der Tagung der Weltgesundheitsbewegung ging es jedoch nicht allein darum, diese nicht zu akzeptierende globale Ungerechtigkeit öffentlich zu machen. Die meisten dort vertretenen Organisationen verfügen über eine sozialmedizinische Praxis, mit der sie insbesondere für die Ärmsten der Armen Gesundheitsförderung zu verwirklichen suchen. Deshalb diskutiert die Konferenz globale Gegenstrategien aber auch regionale und lokale Alternativen zu einer Gesundheitspolitik, die immer mehr Menschen ausgrenzt. Die Frankfurter Hilfsorganisation "medico international" ist Mitglied des PHM und hat auch finanzielle Mittel zur Durchführung der Konferenz zur Verfügung gestellt.
News und Berichte vom WSF:
Is Another Forum Possible? (IPS)
WSF at Turning Point: Reform or Become Irrelevant (IPS)
The WSF Lands on Mumbai - Day One (Indymedia)
Activists Focus on How to Change the World (IPS)