duerre_somalia_150Berlin. - In Ostafrika sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als zehn Millionen Menschen vom Hunger bedroht. Für die Hungersnot am Horn von Afrika sei aber nicht nur die Dürre ursächlich, auch die Regierungen Ostafrikas und die internationale Gemeinschaft seien mitverantwortlich, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag in Göttingen. Mangelndes Interesse an der Lage der Nomaden, eine verfehlte Agrarpolitik, Bürgerkriege und nicht zuletzt fehlendes schnelles Engagement der reichen Industrieländer hätten zur jetzigen Lage geführt, sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.

Schon im November 2010 hatten Experten und Hilfsorganisationen vor der drohenden Hungerkatastrophe gewarnt, so die GfbV. "Doch das beste Frühwarnsystem hilft nichts, wenn die internationale Gemeinschaft erst auf die Fotos von abgemagerten Kindern reagiert", kritisierte Delius. Damals wäre noch genug Zeit gewesen, die Herden der Nomaden mit Futter zu versorgen. Das Vieh hätte dann weiter Milch für den Eigenbedarf der Nomaden, aber auch für den Verkauf produziert. So hätten die Hirten Geld für den Erwerb anderer Nahrungsmittel verdienen können. Mit dem Untergang ihrer Herden stünden die Nomaden nun jedoch vor dem Nichts und müssten aufwändig mit Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland unterstützt werden.

"Außerdem sind im vergangenen Jahrzehnt hunderttausende Hektar Weideland verloren gegangen, weil es von den Behörden zweckentfremdet und als vermeintlich ungenutztes Land für Agrarprojekte verpachtet oder für die Ansiedlung von Bauern zur Verfügung gestellt wurde", kritisierte Delius. Auf diese Flächen seien die Nomaden mit ihren Herden traditionell ausgewichen, wenn es auf den normalerweise genutzten Weiden nicht genug Futter gab.

Nicht nur daran zeigt sich nach Auffassung der Menschenrechtsorganisation, dass viele Regierungen sich noch immer nicht richtig auf die Lebensweise der Nomaden eingestellt haben. Oft würden Nomaden auch daran gehindert, die Grenzen zum Nachbarland zu überschreiten, um dort Weiden zu nutzen. So solle Steuerflucht verhindert werden, doch diese Wanderungsbewegungen seien eine notwendige Reaktion auf die Folgen des Klimawandels. Zwar betrachteten viele Regierungsmitarbeiter die Hirten bis heute abschätzig als "Hinterwäldler". Doch die Viehherden seien ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und in vielen Regionen die einzige Chance zu überleben.

Eine große Gefahr für die Nomaden sind der GfbV zufolge auch die anhaltenden Bürgerkriege in Somalia und der Region Ogaden (Äthiopien). Aufgrund der Kämpfe könnten sich die Hirten oft nicht frei zwischen ihren Weiden bewegen. In Somalia hinderten radikal-islamische Milizen Nomaden sogar an der Flucht in das benachbarte Kenia. Kenia schüre den Hunger, in dem es sich weigere, neue Flüchtlinge in einem bereits errichteten Lager aufzunehmen.

Der internationale Verbund der Hilfsorganisation CARE bittet in einem weltweiten Spendenaufruf um 17,5 Millionen Euro (25 Millionen US-Dollar), um Menschen in den von einer schweren Dürre und Nahrungsknappheit betroffenen Regionen am Horn von Afrika mit Nahrung, Wasser und Hilfsgütern zu unterstützen. In Deutschland hat sich CARE mit den Bündnispartnern der Aktion Deutschland Hilft zusammengetan und wirbt gemeinsam um Spenden für diese schleichende Katastrophe.

CARE plant, insgesamt 1,8 Millionen Menschen in Äthiopien, Somalia und Kenia zu helfen. "Das ist eine dramatische Krise, auf die wir bereits vor einigen Wochen hingewiesen haben", sagte Anton Markmiller, Hauptsgeschäftsführer von CARE Deutschland-Luxemburg. "Nach mehreren Jahren mit schweren Dürrephasen sterben die Nutztiere weg, sodass den Menschen die Lebensgrundlage entzogen wird. Sie können einfach ihre Familien nicht mehr ernähren."

Es sei aber wichtig, auch die Ursachen der Dürre nicht aus dem Auge zu verlieren, so Markmiller: "Das Horn von Afrika ist chronisch von Nahrungsmittelknappheit bedroht, und die Gründe sind vielfältig: Tief verwurzelte Armut, Klimawandel, Konflikt und soziale Ungerechtigkeit: All diese Probleme müssen angepackt werden, um dem Kreislauf der wiederkehrenden Hungersnöte zu entkommen."

Aktion Deutschland Hilft stellte 100.000 Euro aus dem Nothilfefonds bereit und rief zu weiteren Spenden auf. Die Mitgliedsorganisationen Care, Johanniter, Malteser, World Vision, Islamic Relief, sowie Terra Tech sind bereits in Regionalentwicklungsprojekten im Einsatz und wollen ihre Hilfe angesichts der akuten Bedrohung verstärken.

Caritas international unterstützt in der betroffenen Region Hilfsprojekte in Höhe von 1,2 Millionen Euro. "Das Ziel der Projekte ist es, kurzfristig Leben zu retten und langfristig solchen Hungersnöten vorzubeugen", so Christoph Klitsch-Ott, Referatsleiter Afrika bei Caritas international.

"Wir kämpfen derzeit mit drei Problemen: ausbleibender Regen, anhaltende Kriege und steigende Lebensmittelpreise", so Klitsch-Ott. Die durch die Dürre ausgelösten Lebensmittelengpässe haben bereits zu einer Verdoppelung der Preise geführt. Aufgrund der Kriege sind vielen nomadisch lebenden Bauern zudem die Zugänge zu noch fruchtbaren Weidegründen versperrt. Hunderttausende Rinder sind bereits gestorben.

Die Diakonie Katastrophenhilfe stellte eine halbe Million Euro Nothilfe für die Opfer der verheerenden Dürre in Ostafrika bereit. Das evangelische Hilfswerk unterstützt die Menschen mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Latrinen und Notunterkünften. Helfer berichten: "Die Menschen in Somalia verhungern." Die Betroffenen flüchten in die Nachbarländer Kenia und Äthiopien. Auch dort herrscht Trockenheit. Viele kommen in die Hauptstadt Mogadischu. Dort müssen sie unter erbärmlichen Bedingungen in Notlagern leben.

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