globalnatureRadolfzell. - Die Umweltstiftung Global Nature Fund (GNF) hat den in Bolivien und Peru liegenden Titicaca See zum "Bedrohten See des Jahres 2012" ausgerufen. Anlässlich des Welttags der Feuchtgebiete am 2. Februar weist der GNF auf die schnell fortschreitende Zerstörung des größten Trinkwasserspeichers in Südamerika hin. Die Verschmutzung durch ungereinigte Abwässer aus Haushalten und Industrie, durch die Landwirtschaft und den Abbau von Edelmetallen bedroht die Lebensgrundlage von zwei Millionen Menschen, die im Einzugsgebiet des Sees leben.

Der GNF fordert gemeinsam mit lokalen Organisationen die Umsetzung von nachhaltigen Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität und damit zum Schutz des Titicaca Sees. Der im Altiplano, der kargen Hochebene in den peruanischen und bolivianischen Anden, auf 3.810 Metern Höhe gelegene Titicaca See ist Anziehungspunkt für tausende nationaler und internationaler Touristen. Als Trinkwasserspeicher und wichtige Nahrungsquelle sei der Titicaca für die Bevölkerung von existentieller Bedeutung, so der GNF. Dies gelte vor allem für die Urus, eine kleinen indigene Bevölkerungsgruppe, die noch heute auf traditionellen "schwimmenden Inseln" lebt.

Das stetige Bevölkerungswachstum in der Region hat nach Angaben des GNF eine starke Übernutzung des Sees und seiner Uferzonen sowie der angrenzenden Landflächen zur Folge. In den vergangenen Jahrzehnten vertraute man auf die Selbstreinigungskraft des Sees, weshalb die Klärung der anfallenden Abwässer im Einzugsgebiet nur unzureichend durchgeführt wurde. Heutzutage sind die schwerwiegenden Folgen dieser Versäumnisse vielerorts zu sehen. Ein großer Teil der Wasseroberfläche der Puno-Bucht in Peru ist bereits mit Wasserlinsen bedeckt, die sich trotz verschiedener Gegenmaßnahmen durch den ungebremsten Nährstoffeintrag immer weiter ausbreiten. Auch die Kläranlage der bolivianischen Stadt El Alto mit 1,1 Millionen Einwohnern entspricht laut GNF mit einer Kapazität für 300.000 Einwohner schon seit über 15 Jahren nicht mehr dem tatsächlichen Bedarf.

Neben den häuslichen Abwässern gelangen auch Verunreinigungen aus der Lebensmittel-, Leder-, Zement- und Holzindustrie über verschiedene Zuflüsse in den See. Durch den Abbau von Edelmetallen wie Gold und Silber in zahlreichen und teilweise illegalen Minen werden die Abwässer mit giftigen Schwermetallen wie Zink und Quecksilber belastet.

Viele Gemeinden am Titicaca See leben traditionell vom Fischfang. Die sich verschlechternde Wasserqualität hat einen negativen Einfluss auf die Fischbestände, so dass bereits seit Mitte der 1980-er Jahre einige Fischer ihre Arbeit aufgeben mussten. Um dem steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln nachzukommen, werden immer größere Flächen für den Anbau von Kartoffeln, Mais und Getreide genutzt und durch den damit einhergehenden Einsatz von Düngemitteln zusätzlich die Böden und der Wasserkreislauf belastet.

Das drastische Sinken des Wasserstandes zeige auch bereits die ersten dramatischen Auswirkungen des Klimawandels, da sich die Regenzeit von ursprünglich sechs Monaten auf nur noch drei Monate verkürzt hat, berichtet der GNF. Gleichzeitig steige die Wasserentnahme stetig an, um den Bedarf an Trinkwasser und für die Bewässerung von Feldern sowie für die Industrie zu decken. Der sinkende Wasserspiegel des Sees und trocken fallende Uferbereiche bedeuten für viele Tiere und Pflanzen am und im See den Verlust an Lebensräumen, Laichgebieten und Nistplätzen. Auch die Konzentration der organischen und chemischen Verschmutzung des Wassers wird hierdurch dramatisch verschärft.

Langfristig sollen zwei neue Kläranlagen in El Alto zur Verbesserung der Wasserqualität im Katari Fluss sowie an der Cohana-Bucht beitragen. Das setzt jedoch umfangreiche Investitionen voraus, um den "heiligen See" und seine wertvollen Leistungen für Mensch und Natur langfristig zu erhalten. Laut GNF ist nicht klar, ob diese Gelder überhaupt zur Verfügung stehen werden.

Die bolivianische Naturschutzorganisation Trópico setzt zusammen mit dem Global Nature Fund seit Dezember 2011 ein Projekt zum Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels am Titicaca See um. Mit einer Umweltbildungskampagne wird die einheimische Bevölkerung über den Klimawandel und seine Folgen auf ihre Lebensgrundlagen informiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts, das von der Stiftung Ursula Merz unterstützt wird, ist die Entwicklung eines Klimaschutzkonzepts für die Millionenstadt La Paz in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.

www.globalnature.org

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