aids2012_100Washington. - Ärzte ohne Grenzen hat die Bundesregierung und die Staatengemeinschaft aufgefordert, im Kampf gegen Aids mehr Anstrengungen zu unternehmen. Eine Studie der Organisation zeigt, dass in einigen Ländern noch immer nur eine Minderheit der HIV-Infizierten behandelt werden kann. Wie die Ärzte-Organisation fordert auch das Aktionsbündnis gegen AIDS anlässlich der Welt-Aids-Konferenz in Washington mehr Mittel von der deutschen Regierung.

Das Gemeinsame Programm der Vereinten Nationen zu HIV/Aids (UNAIDS) stellte anlässlich der 19. Internationalen Aids-Konferenz in Washington, die noch bis 27. Juli andauert, eine große Lücke bei der Finanzierung des Kampfes gegen HIV/Aids fest. "Die wissenschaftlichen Fortschritte der Welt-Aids-Konferenz sind ermutigend. Leider fehlt es in vielen Ländern am politischen Willen, die Mittel bereitzustellen, diese neuen Erkenntnisse auch anzuwenden", sagte Oliver Moldenhauer, der für Ärzte ohne Grenzen an der Konferenz teilnimmt. "Die Bundesregierung fällt hier mit ihrem Beitrag im Jahr 2011 leider deutlich hinter Ländern wie Frankreich oder Großbritannien zurück."

Auch die Niederlande stellten mehr Geld für den internationalen Kampf gegen HIV/Aids zur Verfügung als Deutschland, heißt es in einer Studie von UNAIDS und der "Kaiser Family Foundation", die auf der Konferenz präsentiert wurde. Ärzte ohne Grenzen stellte in Washington zwei Studien zur Behandlung von HIV/Aids vor, die in Zusammenarbeit mit UNAIDS entstanden sind. In "Speed up Scale-up" untersuchen die Autoren der medizinischen Hilfsorganisation die Fortschritte bei der HIV-Behandlung in 23 Ländern in Afrika, Asien, Südamerika und Europa anhand von 25 Kennzahlen. In dieser Studie werden Fortschritte deutlich, aber auch der weiterhin riesige Bedarf an HIV-Therapien: In 12 der 23 untersuchten Länder werden noch immer weniger als 60 Prozent der bedürftigen HIV-Infizierten behandelt, in vier Staaten sogar weniger als 30 Prozent.

"Wir haben festgestellt, dass die Regierungen immer größere Anstrengungen unternehmen, um die Menschen mit HIV-Medikamenten zu versorgen und um die Behandlung immer näher am Zuhause der Menschen verfügbar zu machen. Dadurch können mehr Menschen davon profitieren", sagte Sharonann Lynch, HIV/Aids-Expertin von Ärzte ohne Grenzen. "Aber es liegt noch immer ein weiter Weg vor uns. Mehr Länder müssen ihre Behandlungsprotokolle ändern und auch Krankenschwestern und -pflegern ermöglichen, Behandlungen zu initiieren. Nur so können wir die Behandlung von HIV/Aids in jeder Klinik, in jedem betroffenen Dorf möglich machen."

In einem zweiten Report mit dem Titel "Closer to Home" werden dezentral organisierte Behandlungsmodelle von Ärzte ohne Grenzen vorgestellt, die eine Therapie auch in abgelegenen Gebieten ermöglichen oder die Behandlung erleichtern. In Mosambik schließen sich etwa Patienten in Sechsergruppen zusammen, um abwechselnd die Medikamente für die ganze Gruppe zu besorgen. In Südafrika werden stabile Patienten in Gruppen von 20 Personen behandelt - wobei die Behandlung und eine Untersuchung der ganzen Gruppe weniger als zwei Stunden dauern. Ärzte ohne Grenzen behandelt derzeit 220.000 HIV/Aids-Patienten in 23 Ländern.

"Die bisherigen Ergebnisse der Konferenz ermutigen uns. Wir haben jetzt die historische Chance eine nachhaltige Wende herbeizuführen", sagte Astrid Berner-Rodoreda, Sprecherin des Aktionsbündnis gegen AIDS. "Derzeit droht aber diese Gelegenheit zu verstreichen: Trotz Zuwachs der Gelder aus Ländern des globalen Südens fehlen laut UNAIDS ca. 7 Milliarden US Dollar jährlich."

Unverantwortlich sind aus Sicht des Aktionsbündnisses die "sehr niedrigen und stagnierenden Finanzmittel der Bundesregierung" für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern im Bereich HIV und Aids. So sei der Beitrag Frankreichs gemessen an der Wirtschaftskraft 70 Prozent höher als der deutsche, Großbritanniens Beitrag sogar dreimal so hoch. Das Gleiche gelte auch für die Niederlande.

"Es kann nicht sein, dass Deutschland bei der Unterstützung der weltweiten Bewältigung der HIV-Epidemie hinter vergleichbaren Industrieländern zurückbleibt. Wir fordern daher eine Erhöhung des deutschen Beitrags zum Globalen Fonds auf mindestens 400 Millionen Euro im Jahr. Dies wäre eine der deutschen Wirtschaftskraft faire Summe, um sich angemessen an der Deckung des Finanzbedarfs zu beteiligen", so Joachim Rüppel, Sprecher des Aktionsbündnis gegen AIDS.

Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria ist das weltweit wichtigste multilaterale Finanzierungsinstrument im Gesundheitsbereich. Er ermöglichte ca. 3,3 Millionen Menschen eine Behandlung mit Aids-Medikamenten und 8,6 Millionen Menschen die Behandlung von Tuberkulose. Außerdem konnte der Globale Fonds 230 Millionen Moskitonetze zur Malaria-Prävention verteilen.

In den letzten zwei Jahren gab es immer wieder Diskussionen, den deutschen Beitrag zum Globalen Fonds zu kürzen. Das Aktionsbündnis gegen AIDS begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung zumindest den zugesagten Beitrag von 200 Millionen Euro fest in den Bundeshaushalt für das kommende Jahr eingestellt hat. Der vorgesehene Umfang reiche aber bei weitem nicht aus.

www.aerzte-ohne-grenzen.de
www.aids-kampagne.de

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