Berlin. - Zum Jahrestag des Atomunfalls von Fukushima hat die Umweltorganisation urgewald gefordert, den Atomausstieg konsequent auf die Förderung der Außenwirtschaft auszuweiten. Es dürften keine Bürgschaften mehr für Atomexporte vergeben werden, erklärte Regine Richter, Energieexpertin bei urgewald. Existierende bilaterale Atomverträge seien aufzukündigen. Das hatte die SPD vehement gefordert - als sie noch in der Opposition war.
In den 70er und 80er Jahren wurden nach Angaben von urgewald mit zahlreichen Ländern bilaterale Verträge abgeschlossen, die die Zusammenarbeit bei der Atomkraftnutzung anstrebten. Zu den Partnerländern gehörten Militärdiktaturen wie Argentinien, Brasilien und Indonesien, mit denen Abkommen 1970, 1975 und 1976 abgeschlossen worden seien. Auch Indien, Saudi-Arabien, Ägypten und Südkorea seien Partnerländer, mit denen solche Atomverträge abgeschlossen wurden.
Ziel war aus deutscher Sicht, die einheimischen Unternehmen an Atomprojekten der Partnerländer zu beteiligen. "28 Jahre nach dem Unfall von Tschernobyl und drei Jahre nach Fukushima ist es höchste Zeit, diese Relikte aus der Zeit blinder Atomeuphorie zu beenden", sagte Regine Richter. "Die Verträge können in regelmäßigen Abständen gekündigt werden. Dieses Jahr bietet sich zum Beispiel die Chance, den Atomvertrag mit Brasilien zu beenden. Das muss die Bundesregierung im Sinne eines glaubwürdigen Atomausstiegs unbedingt tun."
Atombürgschaften könnten unter der neuen Bundesregierung weiterhin vergeben werden, obwohl sich die SPD in der Opposition vehement gegen die Verbürgung von Atomexporten engagiert habe, kritisierte urgewald. In den Koalitionsvertrag habe der Ausschluss von Atomexporten jedoch keinen Eingang gefungen. In der letzten Legislaturperiode waren für sechs Atomprojekte Unterstützungsbekundungen (Letters of Interest, LoI) seitens der Bundesregierung vergeben worden: Wylfa in Großbritannien, Pyhäjoki in Finnland, Temelin in Tschechien, Jaitapur in Indien, Cernovoda in Rumänien und Olkiluoto in Finnland.
Ein Letter of Interest bestätigt die grundsätzliche Bereitschaft der Regierung, einen Bürgschaftsantrag anzunehmen und zu prüfen. Alle diese Letters of Interest sind laut urgewald nach dem Unfall von Fukushima und dem deutschen Atomausstiegsbeschluss ausgestellt worden. "Dass solche Unterstützungsbekundungen noch nach dem Kurswechsel bei der Atomenergie ausgestellt wurden, ist ein unhaltbarer Widerspruch. Und wieso ein Projekt wie Jaitapur in Indien, das nicht einmal den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat, nicht kategorisch abgelehnt worden ist, ist unbegreiflich. Wenn diese Projekte mit Bürgschaftsanträgen zurückkommen, müssen diese konsequent abgelehnt werden", sagte Richter.
Foto: AKW Angra in Brasilien © epo.de-Archiv
Quelle: www.urgewald.de