gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die nigerianische Regierung dazu aufgefordert, endlich zweifelsfrei die Identität und den Verbleib aller Schülerinnen zu klären, die am vergangenen Montag aus ihrer Schule in Dapchi im Bundesstaat Yobe von Boko Haram-Terroristen entführt wurden. "Es ist skandalös, dass fünf Tage nach der Entführung noch immer nicht bekannt ist, wie viele Schülerinnen verschleppt wurden", kritisierte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. 

"Die nigerianischen Behörden bieten eine schaurige Vorstellung von Inkompetenz und Desinteresse für das Wohl der Bevölkerung", so Delius. "Ihr Fehlverhalten macht deutlich, wie wenig Nigerias Machthaber aus der Chibok-Krise gelernt haben." 

Das Gymnasium in Dapchi, in dem 710 Schülerinnen registriert sind, wurde Anfang dieser Woche von Boko Haram-Kämpfern angegriffen. Nach Informationen von Eltern werden seither mindestens 101 Schülerinnen vermisst. Doch bis heute jagt laut GfbV eine Fehlmeldung der Behörden die nächste. So hieß es in den vergangenen Tagen immer wieder, die Schülerinnen seien alle von Sicherheitskräften gerettet worden. Dann wurde sogar geleugnet, dass sie entführt worden seien.

"Das Verhalten der Behörden und Sicherheitskräfte ist respektlos gegenüber Angehörigen und Freunden der Verschleppten und traumatisiert die Eltern der Entführten. So wird auch das Vertrauen in den Staat, der Sicherheit und Schutz für seine Bevölkerung bieten muss, tief erschüttert", erklärte Delius. Am Donnerstag hatte es in Yobe im Nordosten Nigerias bereits erste öffentliche Proteste gegen das Versagen des Staates gegeben. Der Autokonvoi des Gouverneurs Ibrahim Gaidam wurde von Demonstranten angegriffen. Außerdem wurden Autos zerstört und Barrikaden mit Autoreifen in den Straßen Dapchis in Brand gesetzt.  

Vor fast vier Jahren, im April 2014, wurden 276 Mädchen aus ihrer Schule in Chibok entführt. Von 112 Verschleppten fehlt bis heute jede Spur. "Das katastrophale Krisen-Management der Sicherheitsbehörden hat den damaligen Staatspräsidenten Goodluck Jonathan letztlich sein Amt gekostet. Ein ähnliches Schicksal droht dem amtierenden Präsidenten Muhammadu Buhari, wenn er nicht schnell nachbessert und der Bevölkerung glaubwürdig vermittelt, dass die Behörden alles tun, um die Verschleppten zu retten", warnte Delius. 

Buhari muss sich im Jahr 2019 um seine Wiederwahl bemühen. Die schnelle Befreiung der Chibok-Mädchen war eines seiner größten Wahlversprechen, das er auch nach drei Jahren noch nicht eingelöst hat. 

Quelle: www.gfbv.de 


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