Hilfsaktion in Gori, Georgien. Foto: UNHCRBonn (epo). - Die Lage der durch den Kaukasus-Krieg zwischen Georgien und Russland vertriebenen Menschen ist nach Berichten von Hilfsorganisationen dramatisch. Partnerorganisationen des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) in Georgien berichteten am Dienstag von katastrophalen Auswirkungen des erneuten Konflikts um Südossetien und Abchasien. Sie warnten vor den dramatischen Folgen des Krieges für die schon mehrfach vertriebene Zivilbevölkerung. Jahrelange Bemühungen um Integration und Versöhnung in der Region seien bedroht, so der EED. Die Caritas wies darauf hin, auch nach der Einstellung der Kampfhandlungen durch die russischen Truppen am Dienstag seien die Flüchtlinge dringend auf Hilfe angewiesen. 


Von Angst und Panik hat die Organisation IDP Women's Association Consent in Tiflis berichtet, die 1996 von Flüchtlingen aus Abchasien und Südossetien gegründet wurde. Vor allem viele Grenzorte seien Bombardements ausgesetzt gewesen und von Strom, Wasser und Lebensmittelversorgung abgeschnitten. Der Kontakt zu südossetischen Nichtregierungsorganisationen sei abgebrochen. Die Lage dort ist nach Aussage der Flüchtlinge katastrophal.

"Mit dem Krieg erwarten unsere Partnerorganisationen über 40.000 neue Flüchtlinge, von denen viele ihre Familien und ihr Hab und Gut verloren haben", berichtete Claudia Warning, Vorstand für Internationale Programme des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED). "Unsere Partnerorganisationen, die sich seit Jahren um Integration, Versöhnung, Ausbildung und Rechtsschutz bemühen, leisten unter Einsatz ihres Lebens nun Katastrophenhilfe. Sie verteilen Decken und Nahrungsmittel an Verletzte und Vertriebene in den bombardierten Städten", erklärte Warning, die erst vor wenigen Wochen Georgien besucht hat.

Warning, die zugleich Vorstandsvorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik (VENRO) ist, appellierte an die Bundesregierung, sich für eine dauerhafte Lösung des Konflikts einzusetzen und nicht zuzulassen, dass die Bevölkerung in der krisengeschüttelten Region weiter zwischen den geostrategischen Interessen der Konfliktparteien zerrieben wird.

Der EED engagiert sich seit zehn Jahren durch die Unterstützung von Partnerorganisationen in Georgien, Aserbaidschan und Armenien für Menschen, die aufgrund der zahlreichen Konflikte in der Region ihre Heimatorte verlassen mussten. Viele von ihnen leben seit mehr als 15 Jahren in Notunterkünften wie Containern oder ehemaligen öffentlichen Gebäuden auf engstem Raum zusammen. Meist haben sie keine Perspektive auf Integration an ihren Aufenthaltsorten oder auf Rückkehr in ihre Heimat.

Rund 800.000 Binnenvertriebene und 400.000 Flüchtlinge zählte das Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) im Südkaukasus (Georgien, Aserbaidschan und Armenien); allein in Georgien gelten seit Beginn der Konflikte um Südossetien und Abchasien Anfang der neunziger Jahre mindestens 300.000 Menschen als so genannte Internally Displaced Persons (IDP). Nur wenige wagten in den letzten Jahren die Rückkehr in ihre Heimatorte, aus denen sie jetzt erneut vertrieben werden.

Auch nach Einstellung der Kämpfe durch die russischen Truppen seien die vom Krieg betroffenen Flüchtlinge weiter dringend auf Hilfe angewiesen, erklärte Caritas international am Dienstag in Freibung. "Die meisten Flüchtlinge können nicht zurück. Ihre Häuser sind zerschossen, die Dörfer und Städte zerstört. Die Menschen stehen vor dem Nichts", berichtete Ilona Adamova von der Caritas Georgien. Den Menschen müsse aller Voraussicht nach noch mehrere Monate geholfen werden. Zu befürchten sei zudem, dass alle noch in Südossetien ausharrenden Georgier die Region schnell verlassen müssten.

Caritas-Mitarbeiter in Wladikawkas (Nordossetien/Russland) berichteten von einem unvermindert anhaltenden Strom von Flüchtlingen. Geflohene Osseten schilderten, dass sie gezielt von Freischärlern auf ihrer Flucht beschossen worden seien. Unter den Flüchtlingen seien viele Kinder und Säuglinge, die unter anderem schnell mit Babynahrung versorgt werden müssten. In Wladikawkas richten sich die lokalen Hilfsorganisationen und Behörden darauf ein, dass Flüchtlingskinder bis zu einem Jahr in den dortigen Schulen unterrichtet werden müssen.   

Die Diakonie Katastrophenhilfe stellte 100.000 Euro für die Nothilfe im Kaukasus bereit. Die Direktorin des evangelischen Hilfswerks, Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, rief angesichts des Flüchtlingsdramas zu schneller Hilfe für die Opfer des Krieges zwischen Russland und Georgien auf. "Nach den um die von Georgien abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien ausgebrochenen Kämpfen sind Zehntausende von Menschen auf der Flucht, die zum Teil alles zurücklassen mussten und deshalb auf Nothilfe angewiesen sind", fügte sie hinzu.

Die Theologin hat sich hinter den Friedensappell der orthodoxen Kirchen Russlands und Georgiens sowie weiterer religiöser Repräsentanten gestellt. Füllkrug-Weitzel befürchtet, dass der jüngste Konflikt die ethnischen Spannungen  verstärkt. Sie warnte davor, dass diese sich in weiterer Gewalt entladen könnten.


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