pakistan_flagge_100Berlin (epo.de). - In Pakistan steigt die Zahl der Opfer der schlimmsten Überschwemmungen seit 80 Jahren. Die Vereinten Nationen gehen inzwischen von mehr als 1.500 Toten aus. 1,5 bis zwei Millionen Menschen sind obdachlos, viele von ihnen warten noch immer auf Hilfe.

 Hilfswerke berichten von der zunehmenden Gefahr des Ausbruchs von Seuchen. Die nichtstaatlichen Organisationen weiten ihre Hilfe weiter aus.

Ein Nothilfe-Team von Oxfam versorgt gemeinsam mit pakistanischen Partnerorganisationen in den drei am stärksten betroffenen Provinzen Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Balochistan mehrere Hunderttausend Menschen mit Trinkwasser, Hygienepaketen und -einrichtungen, um so der Seuchengefahr vorzubeugen. "Die Überschwemmungen sind von überwältigendem Ausmaß", berichtete Iftikhar Kahlid, Oxfams Programm-Manager in Pakistan. "Das Wasser hat alles mit sich gerissen. Die Menschen sind verzweifelt: Sie haben geliebte Angehörige, ihre Häuser und ihr Hab und Gut verloren. Die Wasserquellen sind zerstört und die diesjährige Ernte wurde komplett vernichtet. Die Betroffenen brauchen dringend Nahrung, Trinkwasser, Unterkünfte und Latrinen - es besteht große Gefahr für die Gesundheit der Menschen."

Medienberichten zufolge wurden ganze Dörfer von den Wassermassen weggespült. Im Moment wächst die Furcht vor einem Ausbruch von Infektionskrankheiten. Die Behörden melden Oxfam zufolge aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa bereits mehrere Cholera-Fälle.

Die Johanniter sind mit mobilen medizinischen Teams in der Region Charsadda im Nordwesten Pakistans seit fünf Tagen im Einsatz. Dabei konnten sie von den Fluten eingeschlossene Dörfer und das Camp Akhail erreichen. Die Helfer der Johanniter behandeln vor allem Fälle von schweren Durchfallerkrankungen, außerdem Fieber, Hautkrankheiten, Ruhr und Schlangenbisse. Das Trinkwasser in der Region sei durch die Überschwemmungen vielerorts kontaminiert, warnen die Johanniter.

"Wir befürchten, dass es durch das verschmutzte Trinkwasser jetzt vermehrt zu schweren Erkrankungen und im schlimmsten Fall zu Seuchen kommt", sagte 

Naseer Ahmed Kakar, Programmkoordinator der Johanniter in Pakistan. Dies würde die ohnehin prekäre Gesundheitssituation der Flutopfer dramatisch verschärfen. Gemeinsam mit Helfern der Weltgesundheitsorganisation WHO achten die Johanniter besonders auf Anzeichen von Choleraerkrankungen. 



Im Katastrophengebiet sind viele Menschen weiter von der Außenwelt abgeschnitten. "Einige der von der Flut betroffenen Gebiete sind mit Fahrzeugen kaum erreichbar. Das macht die Hilfe extrem schwierig", so Naseer Kakar.

Nach Schätzungen von UNICEF brauchen über eine Million Kinder in den Überschwemmungsgebieten im Nordwesten Pakistans dringend Hilfe. "Die größte Gefahr für Kinder sind jetzt Durchfall und Cholera. Es gibt bereits Kinder, die an lebensgefährlichem Durchfall erkrankt sind. Sauberes Wasser, Nahrung, Medikamente, Kleidung und Impfstoffe werden dringend benötigt. Wir haben die ersten Ladungen Hilfsgüter bereits verteilt und bringen weitere. Dies ist die entscheidende Phase um Leben zu retten", sagte Martin Mogwanja, Leiter von UNICEF Pakistan.

Auch die internationale Rotkreuz-Hilfe ist angelaufen. Die Helfer berichten, durch die Verwüstung gebe es große Probleme, sehr abgelegene Regionen zu erreichen. Sauberes Wasser und die Versorgung mit Nahrungsmitteln seien die Prioritäten in der Versorgung der Betroffenen.

"Nun kommt es darauf an, die Menschen schnell mit Trinken, Essen und Medizin zu versorgen", erklärte Dirk Kamm, Leiter des DRK-Büros in Islamabad. "In den überschwemmten Regionen können sich Seuchen wie die Cholera schnell ausbreiten, außerdem sind das Brutstätten für die Anopheles-Mücken, die Malaria übertragen. Wir müssen schnell handeln".

Partnerorganisationen der Diakonie Katastrophenhilfe in der Provinz Khyber Pukhtoonkwa im Nordwesten des Landes berichteten, dass ein Großteil der Infrastruktur zerstört sei. Die Wucht der Flut habe Brücken, Straßen und tausende von einfachen Lehmhäusern einfach weggespült. Bäume seien entwurzelt worden, die Ernte zerstört und ein Großteil des Viehs tot. Die Diakonie Katastrophenhilfe leistet zunächst Nothilfe im Nordwesten.

"Die Menschen in den am stärksten betroffenen Distrikten haben ihre Nahrungsmittelreserven verloren", beschreibt ein Helfer die Situation. Ebenso gebe es keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser, weil viele Brunnen überflutet seien. Auch Werkzeuge und landwirtschaftliche Geräte seien weggespült worden. "Die Überlebenden sind froh mit dem Leben davongekommen zu sein", schildert ein Helfer die extreme Notlage.

Das UN World Food Programme (WFP) weitet seine Nothilfe für die Opfer der katastrophalen Überschwemmungen aus. Die Organisation ist vor allem in den am schlimmsten betroffenen Gebieten Peshawar, Mardan, Charsadda und Nowshera aktiv und arbeitet daran, betroffene Gemeinschaften in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KPK) zu identifizieren.

Weitere Verteilungen von Nahrungsmitteln sollen in den kommenden Tagen gemeinsam mit nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen in Swat und in Dera Ismail Khan durchgeführt werden. "Wir verteilen nun bereits den dritten Tag Nahrungsmittel an hungernde Familien in Peshawar, Mardan, Charsadda und Nowshera und haben bereits über 40.000 Menschen erreicht", sagte WFP-Exekutivdirektorin Josette Sheeran. "Wir legen unsere Priorität auf die am schlimmsten betroffenen Gebiete. Wir verlegen zusätzliche Mitarbeiter, um die immensen logistischen Herausforderungen zu meistern und noch mehr Verteilungen durchführen zu können. Auf beiden Seiten der Grenze, in Pakistan und Afghanistan, werden Hilfsoperationen gestartet."

Die Hilfsorganisationen action medeor und Help liefern Medikamente sowie andere medizinische Hilfsgüter in die Katastrophenregion. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Emergency Health Kit, mit dem 10.000 Menschen über einen Zeitraum von drei Monaten medizinisch versorgt werden können. Help und action medeor arbeiten bei der Verteilung der Hilfsgüter eng mit der lokalen Partnerorganisation ARO (Aid for Refugees and Orphans) zusammen, die über langjährige Erfahrung in Pakistan verfügt.

Mitarbeiter von ARO sind bereits in der Versorgung der Flutopfer im Einsatz und versorgen zurzeit 1.000 Familien in der Region Nowshera mit dringend benötigten Lebensmitteln und Hygieneartikeln. Aus Deutschland ist ein medizinisches Hilfsteam unterwegs, das mit Hilfe der medizinischen Hilfsgüter Verletzte versorgen und der Verbreitung von Krankheiten wie Durchfall und anderen Infektionen vorbeugen soll. Nach dem Abklingen der Flut sollen Trinkwasserbrunnen gereinigt werden, um die Wasserversorgung schnell wieder herzustellen.

Die UNO-Flüchtlingshilfe stellte 50.000 Euro für die Soforthilfe zur Verfügung. Insgesamt hat das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereits 10.000 Zelte und andere Hilfsgüter wie Decken, Wasserkanister, Küchensets und Plastikplanen in der betroffenen Region verteilt. 20.000 weitere Zelte werden derzeit aus Lagern in den Nordwesten Pakistans herbeigeschafft.

"Die Überlebenden sind noch immer in Gefahr. Sie haben kaum Schutz und brauchen unsere Hilfe", sagte UN-Flüchtlingshochkommissar António Guterres. "Die pakistanische Bevölkerung hat mehr als eine Million afghanischer Flüchtlinge großherzig aufgenommen. Jetzt ist es Zeit für die internationale Gemeinschaft, die gleiche Solidarität zu zeigen."

www.oxfam.de
www.johanniter.de
www.unicef.de
www.drk.de
www.diakonie-katastrophenhilfe.de
www.wfp.org
www.help-ev.de
www.action-medeor.de
www.uno-fluechtlingshilfe.de

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