unesco_deNew York. - Weil sie in Ländern mit bewaffneten Konflikten leben, haben weltweit 28 Millionen Kinder keine Chance auf Bildung und damit keine Zukunft. Darauf weist der Weltbildungsbericht 2011 hin, den die UNESCO am Dienstag am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Sexuelle Gewalt, gezielte Angriffe auf Schulen und weitere Verletzungen der Menschenrechte gefährden die Bildung von Kindern. Insgesamt besuchen weltweit 67 Millionen Kinder keine Schule.

Der Bericht "Die unbeachtete Krise: Bewaffneter Konflikt und Bildung" warnt, dass die internationale Gemeinschaft die im Jahr 2000 vereinbarten Ziele im Rahmen der Initiative "Bildung für alle" nicht erreichen wird. Trotz vieler Fortschritte würden die meisten Ziele deutlich verfehlt, insbesondere in Regionen mit dauerhaften Konflikten. Der Bericht kritisiert, dass Bildung der am stärksten vernachlässigte Bereich im unterfinanzierten System humanitärer Hilfe sei.

Zwischen 1999 und 2008 waren dem Bericht zufolge 35 Länder von Konflikten betroffen. Lehrkräfte, Kinder und Schulen gerieten immer wieder in die "Schusslinie" von Konfliktparteien und würden als legitime Ziele betrachtet. Allein in Afghanistan seien 2009 mindestens 613 Schulen angegriffen worden, im Vergleich zu 347 im Jahr 2008. Im Nordjemen seien 2009 und 2010 bei Kämpfen zwischen Regierungskräften und Rebellen 220 Schulen zerstört, beschädigt oder geplündert worden.

"Bewaffneter Konflikt ist in vielen Weltregionen ein großes Hindernis für gesellschaftliche Entwicklung. Dennoch werden die Auswirkungen von Konflikten für die Bildung weitestgehend ignoriert. Dieser bahnbrechende Bericht dokumentiert die Ausmaße der unbeachteten Krise, identifiziert ihre Ursachen und macht überzeugende Vorschläge für Veränderungen", sagte UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokowa.

Der aktuelle Weltbildungsbericht zeigt, dass einige Entwicklungsländer in den letzten Jahren zahlreiche Fortschritte in der Bildung gemacht haben. Besuchten im Jahr 2000 noch rund 106 Millionen Kinder im Grundschulalter keine Schule, ging die Zahl bis 2008 auf 67 Millionen Kinder zurück. Doch die Veränderungen erfolgen zu langsam, um das Ziel der Grundschulbildung für alle Kinder bis 2015 zu erreichen. Trendanalysen rechnen damit, dass die Zahl der Kinder, die keine Bildung erhalten werden, bis zum Jahr 2015 wieder auf rund 72 Millionen steigen wird, wenn nicht mehr getan wird.

Will die internationale Gemeinschaft das Ziel der universellen Grundschulbildung erreichen, müssen laut Bericht bis 2015 weitere 1,9 Millionen Lehrkräfte angestellt werden, mehr als die Hälfte davon in Subsahara-Afrika. Trotz zahlreicher Fortschritte seien auch die Geschlechterdisparitäten nach wie vor tief in Bildungssystemen verankert. So kommen in Somalia auf 100 Jungen in der Schule nur 55 Mädchen. Auch die Anzahl der erwachsenen Analphabeten ist weiterhin hoch, 796 Millionen Menschen können nicht lesen und schreiben, davon sind fast zwei Drittel Frauen.

JÄHRLICH FEHLEN 16 MILLIARDEN DOLLAR FÜR BILDUNG

Die Gebergemeinschaft habe bislang ihr im Jahr 2000 eingegangenes Versprechen nicht eingelöst, betont der Weltbildungsbericht. Danach soll kein Land, das sich dem Ziel "Bildung für alle" verpflichtet hat, wegen fehlender Finanzmittel scheitern. Zwar habe sich ab 2002 die internationale Hilfe für Grundbildung fast verdoppelt und dazu beigetragen, dass wichtige Fortschritte erzielt wurden. Doch seit 2008 stagnierten die Hilfsleistungen. Der Bericht schätzt die Finanzierungslücke derzeit auf 16 Milliarden US-Dollar jährlich für 46 einkommensschwache Länder, um das Ziel "Bildung für alle" zu erreichen.

In 21 der ärmsten Länder der Welt sind die Ausgaben für das Militär höher als für die Grundbildung, kritisiert der Bericht. Wenn diese Länder ihr Militärbudget um 10 Prozent reduzieren würden, könnten sie insgesamt rund 9,5 Millionen Kindern zusätzlich einen Zugang zur Schule ermöglichen. Wenn reiche Länder den Gegenwert ihrer Militärausgaben nur sechs Tage lang in die Grundbildung in den armen Ländern investieren würden, könnten sie die derzeitige Finanzierungslücke in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar schließen und die Einschulung aller Kinder weltweit bis 2015 erreichen.

Der Weltbildungsbericht (Education for all – Global Monitoring Report) wird im Auftrag der UNESCO von einem unabhängigen Team verfasst. Er liefert jährlich einen Zwischenstand über die Umsetzung der Ziele "Bildung für alle". 164 Länder hatten sich auf dem Weltbildungsforum in Dakar 2000 verpflichtet, sechs Bildungsziele bis zum Jahr 2015 zu erreichen: Ausbau der frühkindlichen Förderung und Erziehung, Grundschulbildung für alle Kinder weltweit, Absicherung der Lernbedürfnisse von Jugendlichen und Erwachsenen, Halbierung der Analphabetenrate unter Erwachsenen, Gleichberechtigung der Geschlechter und Verbesserung der Bildungsqualität.

Grafik: UNESCO

www.unesco.de

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