afghanistan_konf_2011_100Bonn. - Zehn Jahre nach der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg kommt die internationale Staatengemeinschaft am Montag erneut in Bonn zusammen. Ziel ist es nach Angaben des Auswärtigen Amtes, "gemeinsam mit Afghanistan das langfristige gemeinsame Engagement der internationalen Gemeinschaft zu konkretisieren und den weiteren politischen Prozess im Land zu befördern". Organisationen der Zivilgesellschaft fordern, den zivilen Aufbau des Landes in den Mittelpunkt zu stellen. Die Bedürfnisse der afghanischen Bevölkerung müssten Maßstab aller politischen Bemühungen sein.

Die Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale erklärte im Vorfeld der Konferenz, die afghanische Bevölkerung leide noch immer unter Armut und dem mangelnden Schutz der Menschenrechte. Wenigen Verbesserungen wie der gestiegenen Zahl von Schulbesuchen von Mädchen stünden erhebliche Verschlechterungen in der Sicherheitslage und das Wiedererstarken der Taliban gegenüber. Die Zahl der zivilen Opfer des Militäreinsatzes sei mit 2.777 getöteten Afghaninnen und Afghanen im Jahr 2010 so hoch wie nie zuvor seit Beginn des Krieges gewesen.

Den geplanten Abzug der ausländischen Truppen und die von der internationalen Gemeinschaft als Erfolg verkaufte Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen bezeichnete die Geschäftsführerin von medica mondiale, Monika Hauser, als "PR-Strategie zur Verschleierung des Misserfolgs". Der Schutz der Frauenrechte, der Aufbau des Justizsektors und des Gesundheitsbereiches blieben weiterhin auf der Strecke. Die internationale Gemeinschaft müsse sich endlich darauf konzentrieren, in Afghanistan ein tragfähiges und stabiles Staatswesen aufzubauen: "Es ist absolut unverständlich, dass die internationale Politik keine Verbindung zieht zwischen einem völlig unzulänglichen Rechtsystem, anhaltender Straflosigkeit und massiver Korruption einerseits und dem Wiedererstarken der Taliban andererseits", sagte Hauser.

"Wie wir heute sehen, konnten die umfangreichen Militäraktionen keine Befriedung des Landes erreichen", konstatierte Ekkehard Forberg, Experte für Friedensförderung und Anwaltschaftsarbeit bei World Vision. Die Situation in einigen Landesteilen sei im Gegenteil so unsicher, dass sich selbst NGO-Vertreter nicht mehr frei in den Projektregionen bewegen könnten.

Forberg appellierte an die in Bonn versammelten Politiker und Experten: "Wir brauchen engagierte Politiker mit Weitblick. Bessere zivile Strukturen müssen aufgebaut und die Korruption muss landesweit bekämpft werden. Die Menschen brauchen Arbeit, gute Bildung und Hoffnung für eine friedliche Zukunft in ihrem Land. Mit Gewalt können keine positiven Veränderungen in den Köpfen der Menschen erreicht werden."

Die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen rief alle Konfliktparteien in Afghanistan auf, humanitäre Hilfe nicht länger als Teil einer militärisch-politischen Strategie zu missbrauchen. Unabhängige und unparteiische Hilfe für die vom Krieg betroffene Bevölkerung dürfe nicht untergraben werden.

Reporter ohne Grenzen (ROG) sowie vier afghanische Nichtregierungsorganisationen forderten die afghanische Regierung und andere Teilnehmer der Konferenz dazu auf, der Wahrung von Presse- und Meinungsfreiheit in Afghanistan in der Zusammenarbeit einen höheren Rang einzuräumen.

Die Antikriegs-und Friedensbewegung hatte unter dem Motto "Sie reden von Frieden, Sie führen Krieg - Truppen raus aus Afghanistan!" am Wochenende zu einer Gegenkonferenz und zu Protestaktionen aufgerufen. Der geplante Truppenabzug der NATO diene aber lediglich einer Nationalisierung des Krieges. Die Friedensgruppen forderten "die umgehende Einstellung aller Kampfhandlungen und den umfassenden Abzug der Truppen aus Afghanistan". Die frei werdenden Gelder müssten für den Wiederaufbau und die Verbesserung der Lebensbedingungen der afghanischen Bevölkerung verwendet werden.

www.auswaertiges-amt.de
www.afghanistanprotest.de

Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.