Parakou (epo). - Es ist kurz vor acht Uhr abends und bereits dunkel in Parakou, der zweitgrößten Stadt Benins, 430 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Cotonou. Vor seiner Cafeteria Thomas Sankara verneigt sich Ibrahim Dieng Richtung Mekka und betet. Jeden Abend legt er dafür eine Matte auf den Sandboden, wäscht sich Hände und Füße auf traditionelle Weise und überlässt seine Gäste für eine Viertelstunde sich selbst. Aus der Cafeteria ertönt das Signal für das Nachrichtenmagazin "Journal". Ehe man es sich versieht, ist die Bude von Zuschauern umringt. Die Bilder zu den Angriffen der USA auf Afghanistan lösen gemurmelte Kommentare und manchmal Laute der Überraschung aus. Die meisten der Fernsehzuschauer konsumieren dabei nichts. Aber nach den Nachrichten verläuft sich die Menge wieder, sofern nicht gerade ein wichtiges Fußballspiel übertragen wird.
Nach Jugoslawien, Ruanda und Tschetschenien wird nun auch der Afghanistankrieg mit der Allmacht des Ethnischen erklärt. Die Lösung scheint auf der Hand zu liegen: Wenn es gelingt, Vertreter aller ethnischer Gruppen in eine Regierung einzubinden, herrscht Frieden im Lande. Jedoch ist solch eine 'ethnische Lösung' nicht nur realitätsfremd, sondern geradezu gefährlich: Realitätsfremd, da die Berücksichtigung ethnischer Gruppen nicht zur Beilegung des Afghanistankonflikts beiträgt; gefährlich, da die Verknüpfung von politischen Ämtern und Ethnizität den Konflikt in Afghanistan erst recht stabilisieren und anheizen wird.